Nicolas Friederici, Tina Krell, Philip Meier, Fabian Braesemann & Fabian Stephany

Plattforminnovation im Mittelstand

Hindernisse und Gelingensbedingungen für kooperative Ansätze kleiner und mittlerer Unternehmen in datenbasierten Märkten und Branchen

Abstract

Die Studie untersucht die Verbreitung von mittelstandsorientierten Plattformorganisationen (MPO) in Deutschland und deren Hindernisse und Chancen in der Plattforminnovation. MPO sind Organisationen, die digitale Plattformen anbieten, welche sich auf mindestens einer Marktseite direkt an mittelständische Unternehmen als zentrale Nutzergruppe richten. MPO werden von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) selbst oder von Großunternehmen und Startups betrieben. Kernergebnis der Studie ist, dass mittelständische Unternehmen im Sinne dieser Studie das Potenzial haben, von Plattforminnovation zu profitieren, dass es jedoch bisher vor allem Großunternehmen und Startups sind, die MPO aufbauen.

Als Policy-Optionen legt die Studie nahe, die Förderung von Initiativen zur Geschäftsmodellinnovation weiter auszubauen und dadurch Plattforminnovation für mittelständische Unternehmen vor Ort zugänglich zu machen. Zudem wird das Konzept einer Plattform-Agentur vorgeschlagen, welche technische Infrastruktur und Open-Source-Software-Komponenten bereit stellt, deren Bedarf mittels nutzerzentrierter Verfahren im Markt erkannt wurde.

Stichworte

Mittelstand, Industrie 4.0, Digitale Industrie, Digitale Plattformen, B2B-Plattformen, Plattformökonomie, Plattforminnovation, Datenbasierte Märkte

Inhaltsverzeichnis Bericht online lesen

Herausforderung

Digitale Souveränität des Mittelstands im Zeitalter der Plattformwirtschaft

Die Notwendigkeit der Förderung der Digitalisierung des Mittelstands auf Bundesebene ist weithin anerkannt und wird ministerienübergreifend durch mehrere Initiativen der Bundesregierung, allen voran Industrie 4.0 und Mittelstand Digital unterstützt (Bundesregierung, 2018). Durch Arbeitsgruppen wie „Digitale Geschäftsmodelle in der Industrie 4.0“ der Plattform Industrie 4.0-Initiative gewinnt in den letzten Jahren auch Plattforminnovation für den Mittelstand zunehmend an Bedeutung (BMWi, 2019a). Dabei kristallisiert sich heraus, dass es zwei Betrachtungsebenen in Forschung und Förderung gibt: Die Digitalisierung von bestehenden Geschäftsmodellen und die digitale Geschäftsmodellinnovation.

Untersuchungen zeigen, dass mittelständische Unternehmen vermehrt in Software, IT-Strukturen und Online-Marketing investieren um durch Prozessoptimierung, Effizienzsteigerung und Kosteneinsparung Mehrwert im bestehenden Geschäftsmodell zu generieren (BMWi, 2019b; Zimmermann, 2018). Gleichzeitig zeigt die Betrachtung der weltweit wertvollsten Unternehmen, dass exponentielle Wertschöpfungssteigerungen nicht in der Digitalisierung per se, sondern in der digitalen Geschäftsmodellinnovation zu liegen scheinen (Picard & Hunter, 2019). Die meisten der erfolgreichsten Unternehmen betreiben als Kern ihres Geschäftsmodells digitale Plattformen, die an der Schnittstelle von Angebot und Nachfrage positioniert sind und dabei teils mächtige Monopole bilden. Insbesondere Unternehmen in traditionellen Branchen sind mit Herausforderung konfrontiert, den dadurch entstehenden Wandel in der Wirtschaftswelt zu verstehen und mitzugestalten. Mittelständische Unternehmen stehen dabei vor der Entscheidung, als einen möglichen Weg der Partizipation selbst in Plattforminnovation zu investieren.

Digitale Plattformen bieten offene, partizipatorische Infrastrukturen, auf denen externe Akteure miteinander interagieren. Das Plattform-betreibende Unternehmen legt die Bedingungen fest, denen diese Interaktionen unterliegen. Der übergreifende Zweck der Plattform ist es, den Austausch von Gütern, Dienstleistungen oder sozialer Währung zu erleichtern und damit kollektive Wertschöpfung durch alle Beteiligten zu ermöglichen (Parker, Van Alstyne & Choudary, 2016). Durch den Betrieb digitaler Plattformen lagern Unternehmen also Teile der Wertschöpfung aus und nehmen eine eher orchestrierende Rolle ein. Parker et al. (2016) sprechen in diesem Zusammenhang von invertierten Unternehmen. Dies ermöglicht den Orchestratoren, Nutzen und Reichweite der eigenen Wertversprechen Netzwerkeffekt-getrieben schnell und weit zu skalieren (Eisenmann et al., 2011).

Der Prozess der Plattformisierung (also des Vordringens von digitalen Plattformen in immer mehr Industrien, Sektoren und Wertschöpfungsketten) ist zwar bisher in Konsummärkten am weitesten fortgeschritten, findet nunmehr aber auch Einzug in unterschiedliche Industriezweige (Fraunhofer ISI, 2019; Kenney, Bearson, & Zysman, 2019; Lehdonvirta et al., 2020; Meier, 2018). Für den Wirtschaftsstandort Deutschland birgt diese Entwicklung neben Chancen der absoluten Wertsteigerung auch erhebliche strukturelle Risiken. Angesichts der globalen Dominanz von Plattformen aus den USA und China fallen die Gewinne der expandierenden Digitalwirtschaft zu großen Teilen im außereuropäischen Ausland an, selbst wenn ein erheblicher Anteil der Wertschöpfung im Inland erbracht wird. Deutsche Firmen sind bisher eher Betroffene als aktive Treiber von Plattformisierung. Der Wandel von analogen, meist Produkt-fokussierten hin zu digitalen Geschäftsmodellen scheint gerade vielen mittelständischen Unternehmen schwer zu fallen, da diese Geschäftsmodelle auf Basis grundlegend anderer Logiken funktionieren und neue Anforderungen an Wertschöpfungsprozesse in Unternehmen oder entlang ganzer Lieferketten stellen (El Sawy & Pereira, 2013).

Weniger unmittelbar, aber langfristig ebenso relevant ist zudem der Verlust an digitaler Souveränität (vgl. Floridi, 2020). Außer-europäische Plattform-Unternehmen und Investoren bringen oft liberalere und aggressivere Herangehensweisen an Wachstum und Regulierung sowie einen laxeren Umgang mit Werten wie Datensicherheit mit sich (van Dijck et al., 2018). Digitale Plattformen wie Betriebssysteme oder Cloud-Anbieter stellen außerdem fundamentale digitale Infrastruktur zur Verfügung und schaffen durch das Setzen von Standards technische Abhängigkeiten für digitale Innovationen. GAIA-X, als ein ambitionierter staatlich geförderter Versuch eine Infrastruktur-Alternative zu schaffen, befindet sich noch in einer frühen Entwicklungsphase. Langfristig und im Vergleich mit China und den USA steht somit ein relatives Schwinden von Wirtschaftskraft, technischer Unabhängigkeit und Steuermasse zu befürchten.

Es ist daher eine zentrale Frage, inwiefern mittelständische Unternehmen in der Lage sind, aktiv an der vernetzten digitalen Wertschöpfung teilnehmen, sei es durch die Plattformisierung ihrer existierenden Geschäftsmodelle oder durch den Aufbau gänzlich neuer Plattformgeschäftsmodelle. Dabei stellt sich vor allem die Frage nach fördernden und hindernden Faktoren der digitalen Befähigung des Mittelstands (vgl. Wrobel & Nicolai, 2019). Hierbei geht es unter anderem darum, das Spektrum an Realisierungsmöglichkeiten bei Plattformen aufzuzeigen. Wenngleich große transatlantische Plattformfirmen oft im Fokus der Diskussion stehen, ist es falsch, die Debatte auf diese zu verengen. Everything-as-a-Service-Ansätze, die Produkte, Werkzeuge und Technologien als Dienstleistungen über ein Netzwerk anbieten, sind nicht nur originären Digitalunternehmen vorbehalten. Hidden Champions wie BHS Corrugated Maschinen- und Anlagenbau GmbH, Fashion Cloud oder wibutler zeigen, dass Firmen unterschiedlichster Größen, aus den verschiedensten Branchen von den Möglichkeiten der Plattforminnovation profitieren können, indem sie ihr Angebot erweitern und damit neue Einnahmequellen erschließen (Wrobel & Nicolai, 2019).

Hier setzt diese Studie an, die ihre Ziele und Herangehensweise aus den folgenden vier Annahmen ableitet: Erstens wird angenommen, dass digitale Plattformen dabei sind, in vielen Branchen und Marktsegmenten des Mittelstands die Wertschöpfung zu transformieren und somit deren relative Verteilung zu verändern. Zweitens werden Daten verschiedenster Art als ein zentraler Wertschöpfungsfaktor für Plattformen angesehen. Drittens wird angenommen, dass bei Plattformen, die von bestehenden mittelständischen Unternehmen aufgesetzt werden – also Plattformen vom Mittelstand für den Mittelstand –, die Wertschöpfung annähernd vollständig beim Mittelstand verbleibt. Kollaborationen von Mittelständlern sind dabei von besonderem Interesse, da sie das Potenzial bergen, bestehende Netzwerke, Lieferketten und geografische Cluster in die Marktorganisation einer Plattform zu überführen. Viertens geht die Studie davon aus, dass auch die Nutzung von Plattformen, die nicht von Mittelständlern betrieben werden, für mittelständische Unternehmen erheblichen Wert schaffen kann, solange das Machtverhältnis nicht einseitig zu Gunsten der Plattform gelagert ist, sondern komplementäre Geschäftsmodelle bestehen, die auf kollektive Wertschöpfung setzen. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn nicht-mittelständische Firmen wie Großunternehmen oder Startups Plattformen mit Fokus auf den Mittelstand als vorrangige Nutzergruppe betreiben.

Die Studie analysiert somit mittelstandsorientierte Plattformorganisationen (MPO) in Deutschland. Diese umfassen alle Organisationen mit Sitz in Deutschland, die Plattformen anbieten, welche sich auf mindestens einer Marktseite direkt an Mittelständler als zentrale Nutzergruppe wenden. MPO können kleine und mittlere Unternehmen (KMU), Großunternehmen oder Startups sein. Die primären analytischen Ziele sind (1) eine Übersicht über die Landschaft von MPO zu erstellen und (2) die fördernden und hindernden Faktoren bei Aufbau und Skalierung von MPO zu identifizieren.

Die Kombination verschiedener Erhebungs- und Auswertungsmethoden war für diese Untersuchung grundlegend. Sowohl für die Landschaftsübersicht als auch für die Einsicht in Hindernisse und Chancen konnten durch Triangulation Schwächen einzelner Datenquellen und Methoden ausgeglichen werden. Gleichzeitig sei betont, dass diese Studie angesichts ihres kurzen Zeitrahmens (Februar bis Juli 2020) vor allem als Grundlage für tiefergehende Forschung und Policy-Design angesehen werden sollte.

Über die Landschaftsanalyse identifizierte die Studie 160 MPO in der Bundesrepublik Deutschland, von denen der Großteil im B2B-Bereich tätig ist und von Startups oder Großunternehmen aufgebaut wurde. Seltener werden MPO direkt von mittelständischen Unternehmen betrieben. Es wurden nur drei mittelständische Datenkooperationen identifiziert. Auffällig war ebenso die regionale Konzentration von MPO auf Berlin und die alten Bundesländer. Mithilfe der datenwissenschaftlichen Analyse wurde deutlich, dass MPO eine größere Finanzierung anziehen als andere deutsche Technologieunternehmen. Der Großteil der MPO sind in den Technologie-Netzwerken von E-Commerce/Internet, Manufacturing (Fertigung) und IT/Software anzutreffen. Grundsätzlich sind MPO eng mit anderen Unternehmen in der deutschen Landschaft verbunden.

Für den Plattformauf- und -ausbau können drei Faktoren als hindernd festgehalten werden. Diese stehen ungewichtet nebeneinander und müssen nicht notwendigerweise gemeinsam auftreten.

Unabhängigkeit und Selbstverständnis des Mittelstands – Probleme beim Plattformaufbau und Beitritt zu Plattformen scheinen eine grundsätzliche Barriere darzustellen, welche auf das mittelständische Selbstverständnis und die kulturelle Anschlussfähigkeit der Firmen zurückzuführen sind. Ein breites Verständnis von Geschäftsmodellinnovation scheint auf Entscheiderebene nicht stark genug ausgeprägt zu sein. Damit verknüpft ist eine zögerliche Haltung gegenüber dem Plattformbeitritt und -zusammenschluss, welche der Befürchtung entspringt, dass ein vergleichsweise größerer Nutzen der Plattform (z.B. in der Datennutzung) bei anderen Firmen (inkl. Konkurrenten) anfallen könnte. Hiermit verbunden identifizierte die Studie weiche hindernde Faktoren wie Wertekonflikte, die mit Ökosystemen verbundene Rollenneufindung, sowie mangelnde Identifikation mit Plattformen und damit verbundene Ängste um Datenschutz und Datensouveränität. Als Gelingensbedingung wurde in diesem Zusammenhang Transparenz und Offenheit unter möglichen Kooperationspartnern unter klaren Regeln benannt, sowie die Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Geschäftsmodellen.

Ressourcenmangel – Plattformauf- und -ausbau gehen immer mit dem Aufwand von Ressourcen einher, die entweder mittelstandsuntypisch oder für den Mittelstand besonders knapp sind. Hierbei stellten sich mangelnde heterogene semantische Standards, Interoperabilität von Daten sowie eine schwierige Kosten-Nutzen-Abschätzung als besonders limitierend heraus. Ebenfalls wurde das Fehlen von technischen Fachkräften und Personal mit Wissen um digitale Geschäftsinnovation oder rechtlichen Datenrichtlinien genannt. Gleichermaßen hindernd ist der immense Kostenaufwand im Plattformaufbau, der gerade in der Anfangszeit zusätzliche Umsätze übersteigt.

Marktsituation im B2B-Bereich – Der überwiegende Großteil von MPO (~80%) wurde im B2B-Bereich ausfindig gemacht. Plattformen im B2B-Bereich funktionieren anders als solche im B2C-Markt. Dabei verlangen plattformgenuine Fragen wie z.B. das „Henne-Ei-Problem" (also die Anbindung von Nutzern an die Plattform) und die damit verbundene Skalierung nach Alternativen. Der Schlüssel zum Erfolg scheint hier das aktive Einbinden aller Seiten zu sein; lediglich die Plattforminfrastruktur zur Verfügung zu stellen reicht nicht aus.

Basierend auf diesen Ergebnissen wurden im letzten Schritt Policy-Optionen abgeleitet, die in einem virtuellen Co-Creation-Verfahren aktiv mit Vertretern aus Verwaltung, Forschung und Wirtschaft spezifiziert wurden. Schließlich kristallisierten sich zwei Optionen als Prioritäten heraus.

Plattforminnovation vor Ort nahbar machen – Der Ausbau und die weitergehende Förderung von bestehenden Initiativen (z.B. Mittelstand-Kompetenzzentren, Innovation-Hubs, etc.), die MPO und dem Mittelstand vor Ort zur Verfügung stehen. Es sollte Experimentierraum zur Geschäftsmodellinnovation angeboten werden, der es MPO erlaubt, Risiken einzugehen und schwerwiegende betriebliche Konsequenzen abzuwenden.

Plattform-Agentur zur Entwicklung digitaler Bausteine – Die Einrichtung einer Plattform-Agentur, welche unabhängig technologische Bedürfnisse im Markt erkennt, digitale Lösungen entwickelt und zur Verfügung stellt. Hier empfiehlt die Studie, diese explizit als Open Source zu entwickeln. Die Agentur sollte an existierende und anderweitig entstehende Infrastruktur anknüpfen anstatt diese zu duplizieren.

Insgesamt leistet die Studie durch eine umfangreiche Bestandsaufnahme und Einsicht in die notwendigen Gelingensbedingungen einen wichtigen Schritt hin zu einem besseren Verständnis von MPO in Deutschland. Sie bietet somit eine Grundlage für die Aufnahme wissensbasierter Policy-Optionen in die Entscheidungsprozesse deutscher Ministerien und anderer Entscheidungsträger und für weitere umfangreichere und gezieltere Untersuchungen.

Hintergrund

Von Plattformnutzung zu Plattforminnovation

In diesem Kapitel wird zunächst ein Überblick über die existierende Literatur zu MPO gegeben. Als Kernaussage der bestehenden Literatur lässt sich festhalten, dass Plattformnutzung oft dann Teil mittelständischer Digitalisierungsstrategien ist, wenn sie Prozessoptimierung und Kosteneinsparung für das bestehende Geschäft gewährleistet. Der Plattformaufbau im B2B-Sektor wird zunehmend in der Literatur besprochen, jedoch vorrangig mit Fokus auf Großunternehmen. Mittelständische Plattforminnovation und überbetriebliche Vernetzung zur Entwicklung von Plattformgeschäftsmodellen scheinen die Ausnahme zu sein, jedoch nach Eigeneinschätzung des Mittelstands an Bedeutung zu gewinnen.

Plattformnutzung im Mittelstand

Die Plattformnutzung im Mittelstand ist grundsätzlich gut erforscht. So lassen sich in zahlreichen Berichten zur Digitalisierung des Mittelstands und in Bezug auf Industrie 4.0 Plattform-Anwendungsszenarien finden (Fay et al., 2018; Fechtelpeter, Heim et al., 2019). Solche Berichte gehen zum Beispiel auf Themen wie Produktinnovation (die Innovation neuer Produkte oder weitergehende Forschung und Entwicklung bestehender Produkte), nicht jedoch explizit auf Geschäftsmodellinnovation (die grundsätzliche Neudefinition des bestehenden Geschäftsmodells oder Schaffung eines neuen Geschäftsmodells) ein (Fay et al., 2018). Studien zeigen hier auf, dass sich mittelständische Unternehmen intensiv und überwiegend mit Industrie-4.0-Anwendungen und -Technologien beschäftigen um nachhaltig wettbewerbsfähig zu bleiben (Fay et al., 2018; Fechtelpeter, Heim et al., 2019). Plattformnutzung wird typischerweise in zwei Fällen besprochen: die Nutzung von Plattformsystemen zur betriebsinternen Kosteneinsparung und Prozessoptimierung und die Plattformnutzung zur Vernetzung vorhandener Hardware. Diese beiden Nutzungsformen werden im Folgenden erläutert.

Plattformnutzung durch einzelne Akteure

Plattformen werden häufig zur Kosteneinsparung und Prozessoptimierung genutzt (BMWi, 2019d). Plattformsysteme werden so zum Beispiel zur Zusammenführung und Auswertung von Produktionsdaten, zur Integration digitaler Hilfsmittel im Fertigungsprozess oder zur Bündelung von Beschaffungsprozessen eingesetzt, um nur einige von vielen potentiell gewinnbringenden Anwendungsfällen zu nennen (BMWi, 2019b). Smart Services werden vorrangig zur Verbesserung der bestehenden Leistung und dem damit verbundenen Geschäftsmodell gebraucht (Fechtelpeter et al., 2019), selten jedoch darüber hinaus. Selbst größere deutsche Industrieunternehmen geben an, Transaktionsplattformen – digitale Marktplätze – für ihre Kerngeschäfte zu nutzen, diese jedoch nicht selbst zu betreiben. Nur eine Minderheit gibt an, datengetriebene Plattformen zu verwenden (vbw, 2019). Im verarbeitenden Gewerbe wurden in 2018 von rund 14% der Unternehmen Transaktionsplattformen eingesetzt, primär für den digitalen Vertrieb von Produkten, und von rund 7% IoT-Plattformen (Internet-of-Things) – diese primär zur Vernetzung der Produktion um neue Dienstleistungen anbieten zu können. Lediglich 9% der Betriebe verwendeten beide Formen von Plattformen (Lerch et al., 2019).

Plattformnutzung zur Vernetzung vorhandener Hardware

Anwendungsfälle für überbetriebliche Vernetzung lassen sich zwar in Branchen wie dem produzierenden Gewerbe und Handwerk finden, bleiben aber dennoch die Ausnahme. Ein in der Literatur genanntes Anwendungsbeispiel benennt eine Kollaboration eines Küchengeräteherstellers und eines Maschinenbauers, bei der ein in der Produktion eingesetzter Materialwagen intelligenter vernetzt wurde, um die Produktion für die Beteiligten transparenter und die Produktionssteuerung im Problemfall reaktionsfähiger zu machen (BMWi, 2019d). Die Studie „Digitalisierungsprozesse von KMU im Verarbeitenden Gewerbe" (Icks et al., 2017) ergab, dass betriebsübergreifende Vernetzung mit mindestens einem weiteren Partner bereits bei nahezu der Hälfte und mit zwei Partnern bei nahezu einem Drittel der befragten Unternehmen stattfindet. Diese Vernetzung findet jedoch hauptsächlich nur in zwei Kontexten Anwendung: Erstens im automatisierten Datenaustausch mit Zulieferern in Einkauf und Produktion für schnellere Produktion und Effizienzvorteile; zweitens in der Vernetzung mit Dienstleistern in der Logistikabteilung (Icks et al., 2017). Jedes vierte Unternehmen hat hier also unternehmensübergreifend Produktion, Einkauf oder Logistikabteilungen vernetzt. Wenn es jedoch um den Datenaustausch mit externen Partnern in Forschung und Entwicklung geht, ist es weniger als jedes zehnte Unternehmen, das seine Daten dafür bereitstellt. (Icks et al., 2017).

Digitale Geschäftsmodellinnovation – Wo ist der Mittelstand?

Über die Digitalisierung der Industrie hinaus rücken Strategien und Maßnahmen digitaler Geschäftsmodellinnovation ins Blickfeld. So wurde die Initiative Plattform Industrie 4.0 im Jahr 2018 um die Arbeitsgruppe Digitale Geschäftsmodelle in der Industrie 4.0 erweitert. Die Arbeitsgruppe untersucht vorrangig erste Vorstöße von Plattforminnovation in deutschen Industrieunternehmen.

Berichte der Arbeitsgruppe fokussieren sich auf die Durchsicht von Praxisbeispielen, um Unternehmen eine Orientierung bei der Gestaltung ihrer digitalen Geschäftsmodelle zu liefern. Analysiert werden hier Treiber digitaler Geschäftsmodelle, Fragen der Organisation sowie rechtliche Rahmenbedingungen (BMWi, 2019e). Eine erste Arbeit zur deutschen B2B-Plattformlandschaft mit Fokus auf strukturelle Unterschiede zwischen Plattforminitiativen und Werschöpfungsnetzwerken liegt ebenfalls vor (BMWi, 2019c), sowie eine Übersicht von 25 Industrieplattformen (BDI, 2018). Außerdem ergab eine tiefergehende Untersuchung im verarbeitenden Gewerbe, dass B2B-Plattformen dort bereits zum Alltag gehören und fast jeder zehnte Betrieb anfängt, Dienste und Produkte über digitale Plattformen anzubieten, wenngleich (noch) nicht Skaleneffekte im Maßstab der Konsumentenplattformen erreicht werden. Dieser Bericht unterscheidet Transaktionsplattformen von IoT-Serviceplattformen. Voraussetzungen, Strukturen und Zusammenhänge sind jeweils verschieden, wodurch sich divergierende Implikationen ergeben (Lerch et al., 2019). Vornehmlich werden in diesen Untersuchungen Plattformen von Großunternehmen und ausschließlich im B2B-Bereich behandelt (Riemensperger & Falk, 2019), mittelständische Plattforminnovation wird angerissen, jedoch nicht ausführlich behandelt.

Plattforminnovation im Mittelstand

Plattforminnovation im Mittelstand ist grundsätzlich noch wenig erforscht. Der Großteil der Untersuchungen, auf die sich diese Studie beruft, sind vor allem im letzten Jahr entstanden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf zwei Herangehensweisen, dem Aufsetzen neuer Plattformgeschäftsmodelle einzelner Komplementäre (angebotschaffend) und der firmenübergreifenden Vernetzung von mittelständischen Firmen als Chance zur gemeinsamen Wertschöpfung. Beide Herangehensweisen werden im Folgenden erläutert.

Plattforminnovation durch einzelne Akteure

„Plattformen agieren als Sprungbrett für datenorientierte Lösungen" (BMWi, 2019f, S. 5). Daher scheint es vielversprechend, dass der Anteil von mittelständischen Unternehmen, die bereits große Datenmengen auswerten, sich seit 2016 verdreifacht hat (14%) – zum Vergleich: bei Großunternehmen sind es 34%. Gleichzeitig fällt es Mittelständlern schwerer als Großunternehmen, Daten wirtschaftlich nutzbar zu machen und neue Geschäftsmodelle daraus zu entwickeln (Hoffmann & Schröder, 2019).

Nach Einschätzung von Fechtelpeter et al. (2019) spielt die „digitale vertikale Integration der Wertschöpfung" eine relevante Rolle, jedoch mangelt es dem Großteil des Mittelstands an durchgängiger Vernetzung. Mit Ausnahme von Einzelfallbeispielen wird digitalen Geschäftsmodellen im Mittelstand eher perspektivisch Relevanz beigemessen (Fechtelpeter et al., 2019). Gleichzeitig besteht beim Mittelstand Interesse an Betreibermodellen und den dafür notwendigen Änderungen in internen Informationssystemen. Viele mittelständische Unternehmen versuchen bereits, die Auswirkungen digitaler Plattformen auf das eigene Geschäft abzuschätzen (Deloitte, 2019). Grundsätzlich steigt die Bedeutung von Plattforminnovation und scheint nach Selbsteinschätzung des Mittelstands (unabhängig davon, ob sie bereits auf Plattformen aktiv sind) auch zukünftig weiterhin zu steigen (Deloitte, 2019; vbw, 2019). Eine Übersicht zur Plattformregulierung aus Sicht des Mittelstands, die von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegeben wurde, zeigt vor allem rechtspolitische Handlungsoptionen auf um faire Marktbedingungen für KMU zu gewährleisten (Busch, 2019). Unter Berücksichtigung der europäischen Platform-to-Business-Verordnung (P2B-Verordnung) wird ein engerer gesetzgeberischer Handlungsbedarf unter anderem zu Maßnahmen zur Verbesserung von Datenzugang, zur Erleichterung des Wechsels zwischen Plattformen sowie die Förderung von Datenportabilität beschrieben. Des Weiteren wird die Ausgestaltung eines Regulierungsrahmens umrissen, durch den Plattformen mit strategischer Marktstellung als Infrastruktur behandelt würden und ähnlich dem Modell der Netzregulierung einer staatlichen Kontrolle unterworfen würden.

Plattforminnovation durch Kooperation

Für mittelständische Unternehmen wird die kooperative Wertschöpfung mit Partnern weitläufig als eine wichtige Chance verstanden, so zum Beispiel durch die Arbeitsgruppe „Digitale Geschäftsmodelle in der Industrie 4.0" der Plattform Industrie 4.0-Initiative (BMWi, 2019f). Durch die Optimierung von Produktionszeiten und Synchronisation von Lieferketten können Produkte verbessert und Effizienzgewinne realisiert werden. Gleichzeitig können Kooperationen Ressourcen bündeln und versprechen dadurch gesteigerte Flexibilität und Angebotsverbesserung und damit letztlich auch eine bessere Wettbewerbsfähigkeit (BMWi, 2019f). Es wird empfohlen, Datenkooperationen einzugehen; deren Erfolgsfaktoren bleiben allerdings eine offene empirische Frage, da bisher noch keine funktionierenden Beispiele erforscht wurden (BMWi, 2019d). Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum eStandards ist hier engagiert, indem es Unternehmen bei der Einführung von Standards (z.B. Global Trade Item Number, ZUGFeRD, RFID-Technologie) unterstützt. Der betriebsübergreifende Datenaustausch wird über Lösungsansätze wie Blockchain thematisiert, jedoch ohne bereits konkrete Erfolgsbeispiele zu nennen. Ebenfalls wird der Zusammenschluss zu Interessengemeinschaften und Wertschöpfungsnetzwerken als Chance begriffen (BMWi, 2019b). Hier wird das Beispiel von thüringischen Maschinenbauern angeführt, die einander Anlagenkapazitäten über ein Netzwerk vermieten. Kapazitäten konnten in diesem Fall gleichmäßiger ausgelastet und Kapazitätsgrenzen nach oben ausgedehnt werden, wodurch weniger Großaufträge abgelehnt werden mussten (BMWi, 2019b).

Plattformen für den Mittelstand: MPO als wesentliche Forschungslücke

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich der Großteil der Untersuchungen dem Mehrwert der Plattformnutzung für den Mittelstand widmet. Das Thema der Geschäftsmodellinnovation rückt zunehmend in den Fokus, wird momentan jedoch größtenteils anhand großer Industrieunternehmen behandelt. Das Verständnis vom Mittelstand als Betreiber von Plattformen ist noch lückenhaft.

Vor dem Hintergrund der Plattforminnovation wurde in dieser Studie daher untersucht, welche mittelstandsorientierten Plattformen es bereits gibt und welche Faktoren deren Aufbau und Skalierung fördern oder hindern. Dabei untersuchte die Studie insbesondere, inwieweit mittelständische Unternehmen selbst in der Lage sind, digitale Plattformen aufzubauen und inwiefern Großunternehmen und Startups besser positioniert sind um MPO aufzubauen. Aus den Zielsetzungen der Studie und den Lücken in der vorhandenen Literatur ergeben sich folgende drei Forschungsfragen (FF):

FF1: Wie ist die deutsche MPO-Landschaft beschaffen und wie sind MPO im digitalen Startup-Ökosystem integriert?

FF2: Welche Faktoren beeinflussen den Auf- und Ausbau von MPO in Deutschland?

FF3: Welche Policy-Maßnahmen könnten deutsche MPO beim Plattformaufbau und -betrieb unterstützen?

Forschungsdesign

Ein explorativer Mixed-Methods Ansatz

Die Studie wurde mit gemischten Methoden konzipiert. Dabei basiert die Landschaftsanalyse (FF1) auf Sekundärforschung und quantitativer datenwissenschaftlicher Analyse. FF2 wurde durch Sekundärforschung, Experteninterviews und Fallstudien bearbeitet. Policy-Optionen (FF3) ergaben sich aus den Erkenntnissen von FF1 und FF2 und wurden durch ExpertInnen in einem digitalen Co-Creation Workshop weitergehend verfeinert.

Die Studie wurde über einen Zeitraum von sechs Monaten (Februar bis Juli 2020) durchgeführt. Die Forschungsfragen wurden in Paketen zusammengefasst und aufeinander aufbauend bearbeitet (vgl. Abbildung unten).

Im Folgenden werden Ziele, Auswahl und Vorgehen der einzelnen Methoden erläutert.

Studienübersicht

Sekundärforschung

Ziel: Die Sekundärforschung diente drei Zielen: Erstens wurden dadurch MPO für die Landschaftsübersicht erfasst. Dies stand im engen Zusammenhang mit der datenwissenschaftlichen Erhebung, da durch Abgleich der Daten die Plausibilität beider Methoden gewahrt werden konnte. Zweitens wurde bestehendes Wissen um Hindernisse und Gelingensbedingungen zusammengetragen, welches als Grundlage für die Experteninterviews diente. Drittens stellte die Sekundärforschung ebenfalls eine Vorarbeit zur Auswahl der Fallstudien und Experten dar.

Auswahl und Vorgehen: Bei der Priorisierung untersuchte die Studie vor allem Literatur von Regierungsinstitutionen sowie Berichte, Artikel und Weißbücher von Interessengruppen, Forschungsorganisationen und Beratungsfirmen (siehe Anhang I für eine detaillierte Aufschlüsselung). Da MPO noch ein wenig ergründetes Thema sind, wurden zu einzelnen Fällen auch Blogposts und Medienartikel berücksichtigt. Zusätzlich wurden Konferenz-Webseiten nach Informationen zu Plattformen durchsucht, sofern diese im deutschen Mittelstand oder als Anlaufpunkt für digitale Plattformen in Deutschland und Europa etabliert sind (dies waren die NOAH-Konferenz, der Platform Economy Summit und die HANNOVER MESSE). Für die Landschaftsanalyse wurden die identifizierten Unternehmen um Attribute wie Standort, Unternehmensgröße, Eigentümerstruktur und Plattformmodell ergänzt.

Die Informationen der Sekundärforschung wurden aus verschiedenen Quellen erhoben. Den Literaturquellen zugrunde liegende Methoden und Plattformkonzepte waren nicht immer miteinander kompatibel. Das heißt, dass teilweise Firmen in den Quellen als Plattformen behandelt wurden, welche nicht in den Analyserahmen dieser Studie fielen. Für die Übersicht über die MPO-Landschaft sammelte die Studie daher nur jene Plattformen, die gemäß der Definition von Gawer (2014) als (a) doppelseitige Märkte mit (b) stabilem Technologiekern und darauf aufbaubarer modularer Peripherie definiert sind. Um in die Übersicht aufgenommen zu werden, musste eine Plattform mindestens eines der beiden Kriterien erfüllen. Eine Unterscheidung zwischen geschlossenen und offenen Plattformen wurde in dieser Studie nicht getroffen (vgl. Riemensperger & Falk, 2019).

Datenwissenschaftliche Netzwerkanalyse

Ziel: Die Netzwerkanalyse hatte zum Ziel, eine quantitative Übersicht über die Landschaft der MPO in Deutschland zu liefern und zugleich ihre Einbettung im deutschen Startup-Ökosystem darzustellen. Bei dieser Analyse wurde die deutsche Plattformlandschaft aus den Blickwinkeln Technologien, Kapital und Wissen betrachtet – dies sind drei Aspekte, die relevante Produktionsfaktoren der Unternehmen beschreiben. Sie bestimmen die Positionierung der Firmen am Markt sowie deren Erfolgschancen im Wettbewerb mit anderen Unternehmen (Braesemann & Baum, 2020). Die damit hergestellte Einordnung relevanter Firmen in Cluster diente somit gleichzeitig als breiter Überblick von MPO als auch als informierte Grundlage für die sich anschließende Diskussion der Policy-Optionen.

Auswahl und Vorgehen: Die Daten wurden der Online-Plattform Crunchbase entnommen. Crunchbase ist die weltweit führende Datenbank für Unternehmensinformationen. Sie gibt Auskunft über Firmen aus der ganzen Welt, von Startups bis zu großen börsennotierten Unternehmen. Crunchbase bezieht seine Daten auf verschiedene Arten: Zum Einen über ein Partnerprogramm, bei dem Risikokapitalgeber Informationen über ihre Portfoliounternehmen im Austausch für Datenzugriff bereitstellen. Zudem werden Daten von Unternehmen hochgeladen, die ein Profil auf der Plattform haben; diese Daten werden intern von Crunchbase überprüft.

Während Crunchbase-Daten nicht repräsentativ für die deutsche Wirtschaft insgesamt sind, verfügen sie jedoch über eine breite Abdeckung der Grundgesamtheit der deutschen Technologieunternehmen. Crunchbase-Daten werden ohne einen spezifischen Stichprobenrahmen zusammengestellt, weshalb keine Repräsentativität für die Gesamtheit aller deutschen Unternehmen gegeben ist. Allerdings ist die für das vorliegende Analyse-Ziel (Erörterung der Verbreitung von MPO) maßgebliche Gesamtheit der Technologieunternehmen - also dem Teilsektor der Wirtschaft, dem Plattformorganisationen angehören - zum größten Teil abdeckt. Zum Beispiel haben Dalle et al. (2017) Crunchbase-Daten mit der OECD Entrepreneurship Financing Database verglichen, die aus Erhebungen der nationalen Verbände für privates Beteiligungs- und Risikokapital in jedem ihrer Mitgliedsländer besteht und als repräsentativ angesehen wird. Diese Studie zeigt, dass die beiden Datensätze in vielen Aspekten hoch korreliert sind. Während das zwar nicht einer gesamtwirtschaftlichen statistischen Repräsentativität gleichkommt, so stellt Crunchbase die bedeutendste globale Datenbank für Unternehmensgründungen und Technologieunternehmen dar und ist deshalb als die beste zur Verfügung stehende Datenquelle für die quantitative Landschaftsanalyse anzusehen.

Ein expliziter Vorteil der Crunchbase-Datenbank im Vergleich zu anderen Unternehmensdatensätzen, die traditionell für industrielle Klassifikationen (z.B. NACE-Codes) herangezogen werden, ist, dass Unternehmen auf einer sehr granularen Ebene klassifiziert werden können. Die Crunchbase-Taxonomie besteht aus 744 Kategorien, die in 46 größeren Gruppen zusammengefasst sind. Jedes Unternehmen kann durch eine Anzahl von Kategorien auf der Grundlage ihrer Kerngeschäftsaktivitäten klassifiziert werden. Diese Ebene der Firmenklassifizierung erlaubt es, im Rahmen der Landschaftsanalyse unterschiedliche Bereiche des deutschen Startup-Ökosystems herauszuarbeiten und entsprechend die Position der MPO zu identifizieren.

Daher kann argumentiert werden, dass die Crunchbase-Daten das inländische Startup-Ökosystem, in dem die MPO eingebettet sind, gut abbilden. Crunchbase bietet detaillierte Informationen zu den auf der Webseite aufgeführten Unternehmen. Insbesondere werden Investitions- und Finanzierungsinformationen, die Unternehmer und führenden Manager der Organisationen sowie eine kurze Beschreibung der Geschäftsmodelle der Unternehmen aufgeführt. Es werden sogenannte Tags genutzt, die sowohl eine Kategorisierung der Industrien als auch der verwendeten Technologien ermöglichen. Crunchbase listet derzeit mehr als 23.000 Unternehmen in Deutschland auf.

Um die Netzwerke der deutschen Plattformlandschaft zu untersuchen, hat die Studie die Daten in mehreren Schritten verarbeitet. Zunächst wurde die Liste der Technologie-Tags aller rund 23.000 auf Crunchbase vertretenen deutschen Unternehmen als eine ‚Adjazenzmatrix‘ (Nachbarschaftsmatrix) dargestellt, die auf einem binären Vektor von Tech-Labels für jedes Unternehmen basiert. In dem resultierenden Netzwerk sind zwei Firmen verbunden, wenn sie mindestens ein Technologie-Label teilen. Dieses komplexe Netzwerk zeichnet sich durch dichte Gruppen von Unternehmen und Technologien aus, die Cluster natürlich bilden, welche die Studie durch unüberwachtes statistisches Lernen identifizierte. Dafür wurde die Louvain-Methode zur Clustererkennung basierend auf der Netzwerkmodularität angewandt.

Um die finanzielle Geschäftsgrundlage der Plattformlandschaft darzustellen, erstellte die Studie ein zweiteiliges Netzwerk von Investoren und Unternehmen aus allen weiteren Firmen des Datensatzes. Hier wurde eine Verbindung zwischen einem Unternehmen und einem Investor hergestellt, wenn das Unternehmen vom Investor eine Finanzierung erhalten hatte. Um den Wissenstransfer zwischen Unternehmen in der deutschen MPO-Landschaft zu bewerten, erstellte die Studie aus den Daten ein drittes Netzwerk zwischen Unternehmen, welches auf der Mobilität von Unternehmern basiert: es konnten z.B. zwei Firmen verbunden werden, wenn der CTO von Firma A Senior Manager bei Firma B wurde oder wenn der CEO der Firma C die Firma D gründete.

In all diesen Netzwerken untersuchte die Studie die Integration der MPO in der gesamten Landschaft und verwendete ein Matching-Verfahren basierend auf statistischer Distanz, um ähnliche Firmen mit Hinblick auf verwendete Technologien im gesamten Ökosystem zu finden. Anschließend wurden die MPO sowie die ihnen ähnlichen Unternehmen, die zuvor durch das Matching-Verfahren identifiziert worden waren, mit einer Zufallsstichprobe nicht-mittelstandsorientierter Plattformunternehmen im Datensatz verglichen, um festzustellen, inwieweit MPO im gesamten deutschen Startup-Ökosystem eingebettet sind.

Experteninterviews

Ziel: Die Perspektive von ExpertInnen wurde eingeholt, um den Hindernissen und Gelingensbedingungen für MPO, die sich in der Landschaftsanalyse ergeben hatten, im Detail nachzugehen. Die Interviews eigneten sich daher besonders zu Beginn des Projekts um den Wissensstand abzustecken und den Fokus für die Fallstudieninterviews zu verfeinern.

Auswahl und Vorgehen: Insgesamt wurden 21 Interviews über den Zeitraum vom 27. März bis zum 14. Mai 2020 durchgeführt. Es wurden überwiegend VertreterInnen von MPO und Plattform-ExpertInnen aus der Forschung befragt, aber auch PraktikerInnen aus der Plattformberatung. Einstündige, semi-strukturierte Interviews wurden durch Videozuschaltung oder telefonisch durchgeführt und zu Analysezwecken aufgezeichnet und qualitativ ausgewertet (Schreier, 2014).

Fallstudien

Ziel: Als ergänzende methodische Herangehensweise wurde eine Auswahl üblicher Betreibermodelle anhand einzelner Fallbeispiele untersucht. Dies ist sinnvoll, da in der Mehrheit der mittelständischen Unternehmen plattformbasierte Geschäftsmodelle noch wenig implementiert sind. Darüber hinaus lassen sich Plattformstrategien, unterschiedliche Betreiber- und Geschäftsmodelle durch Fallstudien anschaulich darstellen.

Nr. Position Industrie Firmen- Größe Aussagen zu Plattformen

1

CEO

Gebäude- und Energietechnik

11–50

Aufbau und Kooperation

2

CEO und ExpertIn

Tourismus, universitäre Forschung

2–10

Gründung, Aufbau, Betrieb und Innovation

3

CEO

Gesundheitswesen

11–50

Gründung, Aufbau und Betrieb

4

Vorstandsmitglied

Gewerblicher Handel und B2B- Netzwerk

501–1000

Aufbau und Betrieb

5

CEO

Mode, B2B-Vertrieb

51–100

Gründung, Aufbau und Betrieb

6

ManagerIn

Digitale Medien

51–100

Aufbau, Transformation

7

CEO

Finanzwesen

1501–2500

Aufbau, Digitalunternehmen

8

GeschäftsführerIn

Logistik

11–50

Gründung, Aufbau

9

CEO und ExpertIn

Unternehmens- und Strategieberatung

10.000+

Geschäftsmodellinnovation, Industrie 4.0

10

PraktikerIn

Plattformen, Ökosysteme

11–50

Gründung, Auf- und Ausbau

11

PraktikerIn

Plattformen, Blockchain

51–100

Gründung, Auf- und Ausbau

12

PraktikerIn

Plattformen, Ökosysteme

2–10

Gründung, Auf- und Ausbau

13

ExpertIn

Wirtschaftsforschung

/

Digitalisierung, Strukturwandel, Wettbewerb

14

ExpertIn

Industrieforschung

/

Industrie 4.0

15

ExpertIn

Produktionstechnik

/

Aufbau

16

ExpertIn

Wirtschaftsinformatik, Industrieforschung

/

Sharing-Plattformen, Gründung und Aufbau

17

ExpertIn

IoT-Plattformen, universitäre Forschung

/

Architektur, Ingenieursysteme

18

ExpertIn

Jura, universitäre Forschung

/

Wettbewerb und Innovation

19

ExpertIn

Software

/

Hidden Champions, Geschäftsmodellinnovation

20

ExpertIn

Nachhaltiges Unternehmertum

/

Sharing Economy

21

ExpertIn

Maschinenbau

/

Industrie 4.0

Auswahl und Vorgehen: Die drei Fallstudien wurden systematisch ausgewählt: Die Wahl basiert auf der qualitativen Landschaftsanalyse und den Ergebnissen der Netzwerkanalyse. Die Fallbeispiele ADAMOS, Siemens MindSphere und wind-turbine wurden ausgewählt, da sie explizit und vorrangig deutsche Mittelständler als Nutzer adressieren, sich allerdings bei den betreibenden Firmen stark unterscheiden. Die Datenerhebung umfasste semi-strukturierte Interviews mit leitenden Angestellten der plattformbetreibenden Unternehmen sowie weiteren Akteuren auf der Plattform (z.B. Anbieter und Nutzer). Darüber hinaus wurden interne Dokumente und veröffentlichtes Material in Form von Pressemitteilungen, medialer Berichterstattung, wissenschaftlichen Studien und Publikationen analysiert. Geplante Besuche vor Ort konnten aufgrund der COVID-19-bedingten Kontaktbeschränkungen nur bei wind-turbine durchgeführt werden. Mittels qualitativer Methoden wurden auf Basis der gewonnen Daten knapp die Entstehungsgeschichten der jeweiligen MPO wiedergegeben. Anschließend wurden die jeweiligen Geschäftsmodelle nach dem Rahmenwerk von Osterwalder und Pigneur (2010) beschrieben. Insbesondere die unterschiedlichen Betreibermodelle wurden im Kontext implementierter Plattformstrategien, des industriellen Kontextes sowie vorhandener Plattformmechanismen beleuchtet.

Policy Co-Creation Workshop

Ziel: Ein mehrstündiger virtueller Workshop mit 14 TeilnehmerInnen diente dazu, aus den Forschungsergebnissen generierte Policy-Optionen gesamtheitlich vorzustellen und mit einem informierten und kritischen Publikum zu diskutieren.

Auswahl und Vorgehen: Um Pluralität von Perspektiven zu gewährleisten wurden verschiedene Interessenvertreter aus Ministerien und Forschung sowie Gründern und leitende Angestellte von MPO eingeladen. Basierend auf den Ergebnissen der Landschaftsanalyse, der Experteninterviews und Fallstudien wurden sechs Policy-Optionen vorgestellt und in Gruppenarbeit auf ihre Umsetzbarkeit geprüft und weiter erörtert. Die Ergebnisse wurden in Hinblick auf ihre Anwendbarkeit bewertet und ergänzt.

Die MPO-Landschaft in Deutschland

Verteilung, Technologie-Cluster und Netzwerke

Der vorliegende Abschnitt präsentiert die Ergebnisse der MPO-Landschaftsanalyse durch Sekundärforschung und datenwissenschaftliche Analyse. Das Kernergebnis ist, dass der Großteil von MPO überwiegend im B2B-Bereich aufgebaut wird, jedoch nicht von mittelständischen Unternehmen, sondern von Großfirmen und Startups. Mittelständische Firmen sind in diesen jedoch teilweise indirekt, zum Beispiel durch Firmenanteile, involviert. Von 160 identifizierten MPO wurden lediglich 12 Kooperationen ausfindig gemacht, inklusive drei mittelständischer Datenkooperationen. Der Großteil von MPO wird durch einen einzelnen Komplementär aufgebaut. Bemerkenswerterweise nutzen viele Großunternehmen die digitale Infrastruktur von amerikanischen Anbietern im Plattformaufbau. Die Studie konnte in diesem Zusammenhang Kooperationen mit IBM, Google Cloud, Microsoft Azure und Amazon Web Services identifizieren. MPO sind eng mit anderen Unternehmen in der deutschen Landschaft verbunden, jedoch gibt es, auch unter Berücksichtigung der Einwohnerzahlen, starke regionale Unterschiede im Plattformbetrieb. Der Großteil der MPO sind im Technologie-Netzwerk von E-Commerce/Internet, Manufacturing (Fertigung) und IT/Software anzutreffen. In der Regel sind sie solide mit Finanzkapital ausgestattet und kämpfen erfolgreich um Unternehmer und Wissen im System. Die ausführlichen Ergebnisse werden im Folgenden dargestellt.

Geringe Verbreitung von mittelständisch betriebenen MPO und Dominanz von Großunternehmen und Startups

Basierend auf der Literaturrecherche und validiert durch Gespräche mit Experten gibt es in Deutschland 160 mittelstandsorientierte Plattformorganisationen (MPO). Der Großteil der gefundenen Plattformen (127, 79,4%) wurde im B2B-Bereich identifiziert, (28, 17,5%) im B2C-Segment und (5, 3,1%) im B2B/B2C-Bereich. Insgesamt setzt sich die Gruppe der Plattformbetreiber weitgehend aus Startups (38,1%) und Großunternehmen (37,5%) zusammen, mittelständische Unternehmen sind in der Betreiberrolle seltener anzutreffen (23,7%). Das staatliche Cloud-Projekt GAIA-X wurde ebenfalls mit aufgenommen.

MPO sind eher in großen Städten angesiedelt. Mit 45 Plattformen befindet sich die mit Abstand größte Konzentration von Plattformen in Berlin. Die meisten der Berliner MPO sind Startups, (siehe Abbildung unten). Startup-MPO wurden entweder unabhängig oder als Partnerschaften mit mittelständischen Unternehmen gegründet; vereinzelt konnten auch Startup-Ausgründungen von großen Mittelständlern beobachtet werden. Ein Beispiel für letzteres Szenario ist das Startup Sparrow, eine Handelsplattform für industrielle Ersatzteile, die von der Beumer Group gegründet wurde.

Kooperationsplattformen im Überblick

Nur ein Bruchteil der Plattformen (12 von 160) wurden als Kooperationen von mindestens zwei oder mehr Partnerfirmen identifiziert. Es wurden drei Datenkooperationen von Mittelständlern ausfindig gemacht (SPOCC GmbH & Co., AIR Supply, ADAMOS). Als Datenmarktplätze (die jedoch keine Kooperationen sind) konnten die International Data Spaces Association, die dem Fraunhofer-Institut angebunden ist, und der Data Intelligence Hub der Deutschen Telekom ausfindig gemacht werden. Zwei der mittelständischen Kooperationen verfolgen genossenschaftliche Ansätze: Caruso Data Place und Dregeno eG.

MPO Kooperationspartner

ADAMOS GmbH

Allianz von Maschinen- und Anlagenbauern mit der Software AG als technologischem Partner. Gründungsfirmen: DMG Mori, Dürr AG, ASM PT und Zeiss (insg. 16 Firmen im Partnernetzwerk).

AirSupply

Joint Venture von Airbus, Dassault, EADS, Safran und Thales mit der SupplyOn AG als technologischem Partner (Anteilseigner der SupplyOn AG sind Bosch, Continental, Schaeffler und ZF).

Caruso Data Place

Genossenschaft von Teilnehmern der Automobilbranche.

Dregeno eG

Genossenschaft der Drechslerhandwerker in Seiffen.

Europace AG

Volksbank Düsseldorf Neuss eG und der Volksbank Münster eG.

FreeNow (ehemals myTaxi)

BMW und Daimler. Angebotsseite wird durch Mittelstand geleistet.

GAIA-X

Gemeinsames Projekt der Bundesregierung und der französischen Regierung, mit dem Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik ISST und der International Data Spaces Association als technologischen Partnern.

heycar

Volkswagen und Daimler mit der Mobility Trader GmbH als technologischem Partner.

Hubject GmbH

Joint Venture der BMW Group, Bosch, Daimler, EnBW, innogy, Siemens und der Volkswagen-Gruppe (alle involvierten Firmen sind Gesellschafter).

Nexttrade

Zusammenarbeit der Messe Frankfurt und der ck Servicegroup, mit der nmedia GmbH als technologischem Partner.

PRISMA European Capacity Platform GmbH

Zusammenarbeit von 23 Gesellschaftern, gegründet vom VNG Verbundnetz Gas (Vormals Trac-x Transport Capacity Exchange).

SPOCC GmbH & Co. KG

Zusammenarbeit der Brandt-Retail-Gruppe, Etos, der Ariston Informatik GmbH und dem Bundesverband der Schuh- und Lederwarenindustrie.

Plattformaufbau oft auf amerikanischer Infrastruktur

Der Großteil der identifizierten MPO wurde durch jeweils einen einzelnen Akteur aufgebaut. Bemerkenswert war, dass Großunternehmen oft verschiedene Plattform-Ventures parallel betreiben (z.B. Volkswagen mit Volkswagen Heycar und Volkswagen Industrial Cloud). Dieses Beispiel macht deutlich, dass Großunternehmen verschiedene Plattformen für den B2B- und B2C-Bereich anbieten. Bei Volkswagen Heycar handelt es sich um eine Handelsplattform für Gebrauchtwagen, die sowohl kommerzielle Händler als auch Individuen anspricht. Die Volkswagen Industrial Cloud hingegen hat einen klaren industriellen Fokus und strebt die Cloud-Integration von Zulieferern und Partnern an.

Eine weitere zentrale Erkenntnis war, dass selbst von Großunternehmen betriebene MPO auf der digitalen Infrastruktur von amerikanischen Technologie-Unternehmen aufbauen. Beispiele dafür sind die Open Manufacturing Plattform von BMW und Microsoft, die Volkswagen Industrial Cloud in Zusammenarbeit mit Amazon Web Services (AWS), die Lufthansa Cloud Plattform in Zusammenarbeit mit der Google Cloud und der TÜV Süd Data Trust in Kooperation mit IBM. Dabei lagern Unternehmen, die im Digitalen skalieren wollen, ihre Server-Funktionen aus. Dieser Befund wurde in einem der Experteninterviews bekräftigt:

„Und Mehrwertdienste, die dort [...] angeboten werden, sind dann tatsächlich ganz simple Verbindungen zu den Hyper-Scalern, heißt Microsoft Edge, heißt *Google*, *Amazon Warehouse* und so weiter und so fort, damit [...] auf einer infrastrukturellen Datenaustausch-Basis relativ schnell [...] auch Daten von links nach rechts geschoben werden, ohne dass die irgendwie durch die USA, China oder was auch immer gerootet werden.“

Geografische Konzentration auf Westdeutschland und Städte

Auffällig waren starke Unterschiede bei der regionalen Verteilung der Plattformbetreiber, auch unter Berücksichtigung der Einwohnerzahlen. Abgesehen von Berlin konzentrieren sich MPO fast ausschließlich in den alten Bundesländern, vorrangig in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg – also in den Bundesländern, mit dem größten Anteil am Bruttoinlandsprodukt (Statistisches Bundesamt, 2019) und dem Großteil der mittelständischen Hidden Champions (Röhl & Rusche, 2019).

Nach gezielter Suche konnten drei B2B-Handelsplattformen in den neuen Bundesländern ausfindig gemacht werden: Lieferanten.de, eine Plattform zur Lieferantensuche in Thüringen; Prisma Capacity Solutions GmbH, eine europäische Konsortialpartnerschaft für den Handel mit Kapazitätsrechten im Öl- und Gassektor in Thüringen; und Unamera, eine Handelsplattform für agrarwirtschaftliche Rohstoffe, ebenfalls in Thüringen. Außerdem bietet eine Gruppe von Produzenten von Räuchermännchen aus Seiffen in Sachsen, die bereits über ein genossenschaftliches Vertriebsmodell miteinander verbunden war, ihre Produkte und Händlerauskünfte über den Online-Marktplatz Dregeno eG an. Eine weitere sächsische MPO ist das evan.network, ein unabhängiges nicht-kommerzielles Startup, das nach eigener Auskunft ein offenes B2B-Blockchain-Ökosystem anbietet. Datengetriebene Geschäftsmodelle konnten in den neuen Bundesländern nicht ausfindig gemacht werden.

MPO in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern befinden sich größtenteils im Besitz von etablierten Großunternehmen. Dies könnte auf die Stärke der dort bereits existierenden Industriecluster und der damit einhergehenden Basis an Wissen, Kapital und Kontakten zurückzuführen sein. Bemerkenswert war ebenso, dass Sitz der Muttergesellschaft und Sitz der Plattformorganisation oft nicht identisch sind. Hier wurde unterschieden, ob sich die Plattform noch in der selben Stadt befindet (z.B. die Lanxess AG, die ihre Plattform CheMondis statt in Köln Deutz im Stadtzentrum von Köln angesiedelt hat) oder in anderen Städten Büros eröffnet wurden (z.B. XOM Materials von Klöckner & Co. SE, die ihren Sitz in Duisburg hat, deren Plattform jedoch in Berlin ansässig ist). Dahinter können strategische Gründe vermutet werden: zum einen die relevante Nähe zu Entscheidungszentren, zum anderen, dass die relevanten technischen Fachkräfte und das nötige Innovations- und Plattformwissen eher in Ballungszentren anzufinden sind.

Zusammenfassend lässt sich als Ergebnis der Literatur- und Desk-Recherche feststellen, dass MPO größtenteils nicht vom Mittelstand selbst aufgebaut werden. Die meisten MPO sind Startups und einige werden als Partnerschaften von großen Mittelständlern gegründet. Datenkooperationen sind äußerst selten. Andere Kooperationsmodelle (wie genossenschaftliche Modelle) könnten eine Chance für den Mittelstand bieten, sind aber auch bisher die Ausnahme. Es existieren starke regionale Unterschiede im MPO-Betrieb: der Großteil hat seinen Sitz in den wirtschaftsstarken Bundesländern Berlin, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern. Wenn MPO von Großunternehmen aufgebaut werden, nutzen diese oftmals amerikanische digitale Infrastruktur.

Technologische Cluster in E-Commerce, Manufacturing und Software

Im Folgenden werden die Ergebnisse der datenwissenschaftlichen Crunchbase-Analyse vorgestellt. Diese hat zum Ziel, eine allgemeine Einordnung von MPO im Vergleich zum gesamten deutschen Startup-Ökosystem zu ermöglichen. Dabei ist herauszustellen, inwiefern MPO, die durch die Desk-Recherche identifiziert wurden, innerhalb der gesamten Landschaft integriert sind oder eher ein Randphänomen darstellen.

Obige Abbildung zeigt wie MPO in das Netzwerk der Technologien, also die Technologielandschaft Deutschlands, eingebettet sind. Die Cluster wurden nach den ihnen zugrundeliegenden Crunchbase-Tags benannt. Diese beschreiben somit sowohl die Industrie als auch die relevante Technologie. Die Abbildung zeigt ein zweiteiliges Netzwerk mit den Firmen und Technologien als kleine Knotenpunkte. Die MPO sind als große Kreise markiert, ihnen ähnliche Firmen (Matchingverfahren) als kleine Kreise. Die Daten gruppieren sich gemäß der Louvain-Methode in sieben Cluster, welche durch verschiedene Farben hervorgehoben sind. Die Abbildung unten stellt die Ergebnisse in einem Balkendiagramm dar.

Wie sowohl aus dem Netzwerk als auch aus dem Balkendiagramm hervorgeht, sind die meisten MPO in drei Clustern zentraler Teil des Technologie-Netzwerks: Internet/E-Commerce, Manufacturing (Fertigung) und IT/Software. Überproportional viele MPO greifen folglich auf Technologien dieser drei Cluster zurück. Die überproportionale Dichte an MPO in den drei genannten Clustern lässt sich durch die allgemeine Popularität von Plattformfirmen vor allem im Bereich Internet/E-Commerce, sowie die starke Ausprägung von Mittelstandsunternehmen im Bereich Manufacturing im deutschen Kontext erklären. Bemerkenswert ist jedoch, dass das drittstärkste Technologie-Netzwerk IT/Software ist. In den meisten anderen Teilen des Netzwerks befinden sich weniger MPO. Sie fehlen in den Clustern Healthcare (Gesundheitswesen) und Consumer (Verbraucher) innerhalb der Grundgesamtheit an Crunchbase-Firmen fast vollständig. Gemessen an der geringen Größe des Clusters Education (Bildung) sind MPO hier relativ häufig vertreten.

Finanzierung und Führungspersonal bestehender MPO

Besonders relevant für die Landschaft der MPO (wie auch für Startups und Digitalfirmen im Allgemeinen) ist die Verfügbarkeit von Risikokapital (Chang, 2004). Die Finanzierungslandschaft der deutschen Technologieunternehmen ist in der Abbildung oben dargestellt. Sie zeigt die Unternehmen als Knotenpunkte, die entstehen, wenn zwei Unternehmen denselben Geldgeber haben, diese also durch Kapitalflüsse verbunden sind. Aus dem Netzwerk ist ersichtlich, dass die meisten Unternehmen nur in kleineren Clustern verbunden sind, das heißt, dass viele Firmen jeweils eine überschaubare Anzahl an Investoren teilen. Firmen in der Peripherie des Netzwerks teilen wenige bis gar keine Investoren. Die Firmen im Zentrum des Diagramms haben viele Investoren, die gleichzeitig in viele andere Digitalfirmen investieren. Im Zentrum des Netzwerks sind einige MPO ansässig, wie z.B. das ZHP.X3 der HMM Deutschland GmbH. Diese MPO konnten, wie in der Abbildung unten dargestellt, überdurchschnittlich hohe Mittel akquirieren (linker Teil der Abbildung). Die Zentralität im Finanzierungsnetzwerk ist insgesamt jedoch nicht höher für MPO als für den Durchschnitt anderer deutscher Unternehmen. Dies könnte als Anzeichen einer relativen Finanzierungsvielfalt interpretiert werden. MPO-Finanzierung scheint aus verschiedenen Quellen zu stammen und es besteht keine Tendenz, dass nur eine Kerngruppe von MPO unterstützt wird.

Unternehmer-Netzwerk

Neben finanziellem Kapital ist Wissen (also die Fachexpertise und Erfahrung von Unternehmern und führenden Mitarbeitern) eine wichtige Ressource für den Erfolg junger Unternehmungen im digitalen Bereich (Bonaventura et al., 2020). Dementsprechend stellt Abbildung 8 die Verbindungen von Führungspersonal und deutschen Technologieunternehmen dar. Crunchbase gibt für einen Großteil der Firmen eine Auflistung von Personal an, das für die strategische und inhaltliche Ausrichtung des Unternehmens relevant ist, wie beispielsweise CEOs, CFOs oder CTOs. Unternehmen sind in dem dargestellten Netzwerk verbunden, wenn ein Unternehmer oder Mitarbeiter in beiden Firmen tätig war. Die Farbe der Knoten entspricht ihrer Zentralität: Je öfter Mitarbeiter zu oder von einer Firma gewechselt haben, desto dunkler der Knoten. Größere Knoten repräsentieren MPO; Überlappungen zwischen Knoten haben keine inhaltliche Bedeutung.

Im Gegensatz zum Finanzierungs-Netzwerk sind MPO im Personal-Netzwerk zentraler. Das heißt, dass sie an zahlreichen Know-how-Transfers (Firmenwechsel) mit anderen Unternehmen des deutschen Technologiesektors beteiligt sind. Dies ist in Abbildung 9 dargestellt, in der die Anzahl der Mitarbeiter (Panel A) und die Netzwerkzentralität (Panel B) dargestellt sind. Aus den Ergebnissen lässt sich schließen, dass MPO in starkem Wettbewerb um Know-how vor allem untereinander, aber auch mit anderen Digitalunternehmen stehen.

Grundsätzlich haben MPO mehr Mitarbeiter und ihre Zentralität ist höher als beim Durchschnitt aller Digitalfirmen im Datensatz. Existierende MPO sind scheinbar in der Lage, entscheidende Positionen im Unternehmen mit Personal zu besetzen, das über einschlägige Erfahrung verfügt und somit relevantes inhaltliches Know-how beisteuern kann.

Vergleich der qualitativen und quantitativen Landschaftsanalyse

Die Sekundärforschung und der datenwissenschaftliche Ansatz liefern sich ergänzende Analyse-Ergebnisse. Erstere gibt einen direkten Einblick in die Betreibermodelle von MPO und deren geografische Verteilung in Deutschland. Die quantitative Analyse setzt diese Ergebnisse in den Kontext von insgesamt 23.000 Unternehmen des deutschen Startup-Ökosystems und eruiert so die relative Positionierung des Phänomens der MPO. Erst durch den Zugriff auf die Daten von Crunchbase ist es möglich, eine derartige Vogelperspektive einzunehmen. Die oben genannten Ergebnisse verlangen eine strukturierte Extraktion der Muster, welche in dem Datensatz vorhanden sind. Durch die Verwendung von Netzwerkmethodiken können diese Muster erkannt werden.

Die qualitative Analyse klassifiziert MPO im Sinne ihrer B2B- bzw. B2C-Orientierung, während es die Netzwerkanalyse der mehr als 700 Crunchbase-Kategorien erlaubt, die technologische Orientierung der Unternehmen zu betrachten. Die datenwissenschaftliche Analyse ergab, dass MPO überproportional in bestimmten Bereichen des deutschen Startup-Ökosystems vertreten sind. Sie clustern sich vor allem in den Bereichen Internet/E-Commerce, Manufacturing, und IT/Software. Die Cluster ergeben sich hierbei induktiv aus den statistischen Ähnlichkeiten im Datensatz, nicht etwa aus vordefinierten Kategorisierungen oder Klassifikationen. Dieser empirische Blickwinkel ergänzt somit die qualitativen Einschätzungen, die sich aus der Desk-Recherche ergeben.

Aus der Gesamtschau von qualitativen und quantitativen Ergebnissen wird deutlich, dass das Phänomen der MPO ungleichmäßig über die deutsche Technologie- und Mittelstands-Landschaft verbreitet ist. So wie es eine starke geografische Konzentration derartiger Organisationen gibt, sind es derzeit nur bestimmte Bereiche der (Digital-)Wirtschaft, die mittelstandsorientierte Plattformmodelle anbieten. Neben den beiden zu erwartenden Clustern im IT-Bereich ist vor allem die starke Konzentration im Bereich Manufacturing auffällig, was möglicherweise eine Besonderheit in Deutschland darstellt. Die quantitative Analyse ergänzt hier die qualitative Analyse, welche zwar einzelne Unternehmen identifizieren konnte, nicht jedoch eine Kategorisierung von weiteren 23.000 deutschen Unternehmen ermöglicht.

MPO sind weiterhin in der Lage, Risikokapitalfinanzierung in einem nicht unerheblichen Maße zu erhalten. Der Vergleich zu anderen Unternehmen der deutschen Landschaft zeigt, dass MPO über eine im Durchschnitt erheblich bessere finanzielle Ausstattung verfügen. MPO sind mithin nicht nur ein Randphänomen: derartige Organisationen sind in der Lage, Zugang zu relevanten Kapitalströmen zu erhalten, welche für die Umsetzung ihrer Geschäftsmodelle essentiell sind. Allerdings sind MPO im Durchschnitt nicht wesentlich zentraler positioniert als andere Unternehmen der deutschen Landschaft, sie sind also nicht in besonderem Maße dadurch gekennzeichnet, Zugang zu verschiedenen Finanzierungsquellen oder Investoren zu haben. Auch hier ermöglicht erst die quantitative Analyse von Crunchbase-Daten, die Investoren-Verbindungen und Risikokapital-Ausstattung von deutschen MPO gesamtheitlich einschätzen zu können.

MPO sind im Vergleich zur gesamten Landschaft relativ große Unternehmen, die in der Lage sind, Zugang zum Humankapital des deutschen Startup-Ökosystems zu erhalten. Die Netzwerkanalyse zeigt, dass die Zentralität von MPO im Unternehmer-Netzwerk im Durchschnitt deutlich über der anderer deutscher Technologie-Unternehmen liegt. Sie scheinen nicht nur im Hinblick auf die gesamte Mitarbeiterzahl zum Großteil den Sprung aus der Marginalität geschafft zu haben, sondern sie sind auch in der Lage, Know-how-Zugang durch Einbindung von Personen mit Erfahrung im Startup-Ökosystem zu bekommen.

Die Verwendung der quantitativen Analyse ergänzt die qualitativen Teile der Studie, um so das Phänomen MPO mittels eines Mixed-Methods-Ansatzes zu beleuchten. In Isolation lässt die jeweilige Methodik eine Lücke, welche durch die jeweils andere geschlossen und logisch ergänzt wird. Erst in ihrer Kombination erlauben beide Methoden den Untersuchungsgegenstand in der Gesamtheit zu analysieren und zu verstehen. In diesem Fall beschreibt die qualitative Analyse das Phänomen MPO im Detail, während die quantitative Netzwerkanalyse die numerische Einordnung und Abschätzung der größenmäßigen Relevanz in den einzelnen Bereichen der deutschen Landschaft erlaubt.

Hindernisse und Gelingensbedingungen

Drei Erfolgsfaktoren für MPO-Aufbau und -Betrieb

In der Durchführung und Analyse der Experteninterviews und Sekundärforschung haben sich drei zentrale Faktoren als besonders hindernd für den Plattformauf- und -ausbau herausgestellt. Diese sind: Unabhängigkeit und Selbstverständnis des Mittelstands, Ressourcenmangel sowie Marktbedingungen im B2B-Bereich. Die im Folgenden besprochenen Hindernisse und Gelingensbedingungen wurden branchen- und firmengrößenunabhängig wiederholt angetroffen und sind daher zusammenfassend aufgenommen worden. Gelingensbedingungen werden dabei als spiegelbildlich der Hindernisse angesehen, so dass beide gesammelt unter den drei genannten Faktoren diskutiert.

Unabhängigkeit und Selbstverständnis des Mittelstands

Das Selbstverständnis des Mittelstands, Wertekonflikte sowie die Nicht-Identifikation mit Plattformen und damit verbundene Ängste stellen sich als hindernde Faktoren der Plattforminnovation dar. Teils wird dies in der Literatur angesprochen, es wurde jedoch noch deutlicher aus den Experteninterviews herausgearbeitet.

Sicherheitsbedenken um Daten

Grundsätzlich stehen Ängste um Daten ganz oben auf der Liste von hemmenden Faktoren. Sicherheitsbedenken angesichts aktueller Datenspeicherungs- und Übertragungstechnologien (Deloitte, 2019), Gewährleistung und Haftung bei Datenverlust (Fechtelpeter et al., 2019) und mögliche Ausnutzung von Wettbewerbsvorteilen durch Datenaustausch (Icks et al., 2017 ; Riemensperger & Falk, 2019) werden am häufigsten genannt. In einer Studie der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft wurde neben Sicherheit und Datenschutz das Gewährleisten von Datensouveränität als wichtigster Aspekt betont: „Datensicherheit, Datenschutz und Datensouveränität sind drei ‚Muss-Kriterien‘ für plattformbasierte Geschäftsmodelle." (vbw, 2019).

Datenaustausch für Forschung und Entwicklung ist mit der Öffnung des Unternehmens verbunden. Nach Expertenaussage sind sich Firmen der Wichtigkeit von Datenaustausch bewusst, allerdings überwiegen Ängste, Kerndaten und Geschäftsgeheimnisse preiszugeben und somit Mitbewerbern Vorteile durch das Teilen kompetitiver Informationen zu ermöglichen.

In diesen Ergebnissen bestätigt sich das Risikoparadox, das bei Riemensperger und Falk (2019, S. 128) beschrieben wird: „Die Technikakzeptanz [ist] im privaten Umfeld und im Arbeitsalltag hoch, weil direkter individueller Nutzen erkannt wird, sinkt aber dort rapide, wo der Nutzen für einen selbst nicht mehr gesehen wird."

Insellösungen und das „Not-invented-here syndrome"

Ein weiteres Hindernis besteht in der Entwicklung vereinzelter Lösungen, ohne dass diese durch einen gemeinsamen Industriestandard integriert würden. In einer Deloitte-Studie gaben 63% der befragten mittelständischen Firmen die fehlende Bereitschaft der anderen Mitspieler als Hindernis für die Bildung von Ökosystemen an (Deloitte, 2019). Dies hemmt Plattforminnovation, da nutzerorientierte Einheitlichkeit und die Integration verschiedener Anbieter ein zentrales Wertversprechen von Plattformen sind. Gleichzeitig führt es nach Angaben einer IoT-Plattformbetreiberin auch zu „overengineering", also zur technologischen Überentwicklung vereinzelter Lösungen, vorbei an Kundenbedürfnissen. Mehrere Experten sprachen in Interviews dabei vom sogenannten „not-invented-here syndrome”. Dies bezeichnet eine Kultur, bei der die Integration einer Lösung von anderen Anbietern (wie etwa einer Plattform) als Risiko eingeschätzt und damit abgelehnt wird. Im Kontext von Plattformen wird von Mittelständlern insbesondere eine technologische Abhängigkeit befürchtet. Dabei wird allerdings nach Aussage der interviewten Experten das Risiko, dass eine Nicht-Teilnahme langfristig die eigene Geschäftsgrundlage in Frage stellen könnte, unterschätzt.

„Ein unternehmerisches Thema steht im Weg. Und das ist, dass man in der Plattformökonomie strategisch seine ultimative Unabhängigkeit [gegenüber] Ökosystemen aufgeben muss, dass man sich beteiligen muss an Modellen, wo zwar der Kuchen für alle größer wird, aber der eigene Anteil da drinnen nicht mehr hundertprozentig ist. [Es gibt im Mittelstand] auch einen unternehmerischen Typus, [der sagt,] ,Ich bin ein Macher und ich mach das Ding. Denn […] unsere Familie hat sich dadurch erfolgreich gemacht, letztendlich gegen den Strom zu schwimmen und [sich] unabhängig von allen [zu machen]. Und dieses Gen, das arbeitet jetzt gegen die völlig plausible Notwendigkeit, sich den strukturell geeigneten […] Plattformmodellen anzuschließen.“

In einem der Interviews mit einem/r PlattformberaterIn wurde das Beispiel der Logistik genannt. Dort ist es derzeit gesetzliche Pflicht für Fuhrunternehmen Daten zu den Lenkzeiten ihrer LKW-Fahrer zu erfassen und zur Prüfung weiterzuleiten. In der Praxis setzt dabei jede Firma auf eigene Lösungen oder auf Lösungen von Systempartnern. Hier wäre es naheliegend, eine branchenübergreifende Infrastruktur zu entwickeln, die ein Problem, das alle Branchenteilnehmer betrifft zentral und effizient löst.

Selbstverständnis des Mittelstands und Wertekonflikte

Nach Einschätzung der Sekundärliteratur sind Führungskräfte im Mittelstand gewillt, sich neues Wissen anzueignen (BMWi, 2019b). Teils haben die Interviews dies bestätigt. Mittelständler kennen die Debatten um Digitalisierung und beobachten, wie sich der Markt bewegt. Plattforminnovation ist mit Risiken verbunden, und Kosten und Nutzen lassen sich schwer abschätzen. Mittelständler bleiben eher passiv und abwartend, was zur Folge haben kann, dass andere Firmen Marktchancen bedienen.

Offenheit und Transparenz

Offenheit und Transparenz sowie klare Regeln im Plattformaufbau können auf Basis der vorliegenden Analyse als Gelingensbedingungen benannt werden. Daher folgen an dieser Stelle zwei Beispiele aus den Interviews, die zeigen, wie der Plattformaufbau durch Offenheit und Transparenz allen Partnern gegenüber gelingen kann:

Ressourcenmangel

Der Auf- und Ausbau von digitalen Plattformen ist mit Ressourcen verbunden, die entweder mittelstandsuntypisch sind oder für den Mittelstand besonders knapp zu sein scheinen. Facetten dieser Ressourcenknappheit werden im folgenden Abschnitt zusammengefasst. In der Literatur und den Interviews wurden besonders die Knappheit von finanziellen Ressourcen, technischen Fachkräften, der hohe organisatorische Aufwand für das Unternehmen und das fehlende Wissen um Plattformen betont.

Wissen

Plattforminnovation ist ein noch junges Phänomen und das Wissen darum ist in der Breite und auf der Führungsebene nicht vorhanden. In einer Deloitte (2019) Studie gaben lediglich 17% der 152 befragten mittelständischen Unternehmen an, dass ihnen der Begriff des Ökosystems geläufig sei. Themen wie Dateninnovation, Servicedenken oder digitale Wertschöpfung sind in den Nischen, die mittelständische Unternehmen traditionell besetzen, tendenziell noch nicht etabliert. Hinzu kommt, dass digitale Transformation ein komplexer Prozess ist und jede der digitalen Neuerungen, mit denen Firmen konfrontiert sind (Blockchain, IoT, Edge-Computing, Cloud-Computing, Künstliche Intelligenz, etc.), komplexe Spezialthemen sind, über die nur wenige KMU über hinreichendes Hintergrundwissen verfügen.

„Ich habe immer die Befürchtung, dass [Plattformen im Mittelstand] so ein bisschen [sind wie der] Transrapid in den 70er, 80er Jahren. [Das ist] eine Technologie ist, die super schön ist, die wenige verstehen, die sich aber nicht wirklich durchsetzen kann, weil es die Masse nicht erreicht, weil die Masse nicht in der Lage ist, das zu verstehen, was ein bisschen anders ist.“

Semantische Standards und der Mangel an technischen Fachkräften

Datenbasierte Vernetzung basiert zumeist auf semantischen Standards und Klassifizierungssystemen. Ein Hemmnis stellt hier der hohe organisatorische Aufwand dar, diese Standards einzuführen und zu entwickeln (Icks et al., 2017). Je nach Branche und Digitalisierungsgrad der involvierten Unternehmen gestaltet sich diese Hürde anders. Dabei müssen sich Mittelständler mit komplexen Fragestellungen wie Datenmanagement und -governance, der betriebsinternen Standardisierung von Maschinen und deren Kompatibilität mit Schnittstellen zur Datenauslese (Otto et al., 2019) oder der überbetrieblichen Daten-Interoperabilität (BMWi, 2019d) beschäftigen.

Die damit verbundenen Risiken sind mannigfaltig: Unklarheit über den resultierenden Nutzen, organisatorischer Aufwand in der Absprache mit anderen Unternehmen und Ungewissheit über die damit verbundenen Änderungen in der Arbeitsorganisation (Icks et al., 2017). Im verarbeitenden Gewerbe führt dies für fast 30% der Unternehmen zu einer Verlangsamung der Einführung von überbetrieblichen digitalen Technologien (Icks et al., 2017; siehe auch Lundborg & Gull, 2019 ).

Verbunden mit den fehlenden semantischen Standards wurde in den Interviews der Mangel an technischen Fachkräften erwähnt. Existierende Fachkräfte seien nicht oder nur bedingt in der Lage, die Daten zu interpretieren und auszuwerten. Ein Großteil von Unternehmen verfügt nicht über die erforderlichen IT-Kenntnisse und hat keine eigene IT-Abteilung (Icks et al., 2017).

„Unfassbar schwierig, im Tech-Bereich zu hiren. Wir suchen Software-Entwickler seit Tag eins und stellen jeden ein, den wir bekommen können. [Wir] sind eigentlich immer hinter Plan und haben keinen einzigen deutschen Software-Entwickler.“

Hier schließen sich Ergebnisse aus der datenwissenschaftlichen Analyse an, dass der Wettbewerb in der Digitalwirtschaft um technologisches Wissen und Plattformwissen unter Startups und etablierten Großfirmen bereits signifikant ist (siehe Abbildung 6). Diese verfügen nicht nur über bessere finanzielle Ressourcen, sondern auch über Anreizpakete und weitreichende Netzwerke.

Finanzierungsaufwand

Die Kosten für den Aufbau einer digitalen Plattform sind hoch, wobei der betriebswirtschaftliche Nutzen meist erst langfristig gegeben ist (Icks et al., 2017; vbw, 2019). Die Landschaftsanalyse bestätigt dies indirekt: Am Markt bestehende MPO akquirieren im Vergleich zu anderen Digitalunternehmen signifikant höhere Finanzierungen. Startups verfolgen dabei unmittelbar Plattformgeschäftsmodelle und werben Investorengelder explizit dafür ein (Chang, 2004). Großunternehmen haben oft genug eigenes Forschungs-, und Entwicklungskapital oder firmeninterne Inkubationszentren zur Verfügung um außerhalb ihres Kerngeschäftsmodells mit Innovationen zu experimentieren. Für mittelständisch geführte Plattformen besteht ein höherer Druck unmittelbar Umsatz zu generieren:

„Wir müssen uns relativ stark aus dem Cashflow finanzieren. Das heißt, wir haben ja keine großen Investoren, um diese Plattform jetzt in einem großen Big Bang bereitzustellen, sondern [...] wir müssen sehr viel Projektbudget sammeln [und übernehmen das] Allokieren von Partnern, und das ist alles sehr aufwendig.“

Das viel beschriebene „Verschlafen" der Digitalisierung (Wrobel & Nicolai, 2019) wird daher nur teilweise durch die vorliegende Datenbasis bestätigt. Mittelständler haben geringere Experimentier-Budgets zur Verfügung um sich Fehler zu erlauben und unabsehbare Kostenrisiken eingehen zu können. Mittelständler bevorzugen es, den Markt weiter zu beobachten und sich nicht von weit verbreiteten Versprechungen und damit verbundenen Beratungsangeboten beeinflussen zu lassen. In etwas, das nicht verstanden wird, wird auch nicht investiert.

Zusammenfassend stehen Plattformbetreiber hier vor einem Dilemma, das sich als eine Unsicherheit der betriebswirtschaftlichen Kalkulation zusammenfassen lässt. Der Kostenaufwand, der mit der Skalierung einer Plattform verbunden ist, und der Mangel an Akzeptanz bedingen sich hier gegenseitig. Plattformen sind nicht nur kapitalintensiv im Aufbau. Auch der weiterlaufende Betrieb und die stetige Anpassung der Infrastruktur an die Kundenbedürfnisse sind mit laufenden hohen Kosten verbunden. Außerdem basiert das Geschäftsmodell auf langfristigen Gewinnen, für die die Plattform erst etabliert und angenommen werden muss, was zu einem "Henne-Ei-Problem" führt.

Bedingungen im B2B-Bereich

In der Landschaftsanalyse wurde verdeutlicht, dass bestehende MPO größtenteils im B2B-Markt aktiv sind. Literatur und Experten sind sich einig, dass der Bedarf an und die Bedeutung von B2B-Plattformen zunimmt (vbw, 2019; BMWi, 2019b) und diese für Mittelständler das größte Potenzial bergen (Lundborg & Gull, 2019). Die Entwicklung von B2B-Plattformen steht noch am Anfang, wobei Potenzial vor allem darin besteht, bestehende branchenübergreifende Effizienz- und Effektivitätsprobleme zu lösen (Otto et al., 2019).

„B2C ist schon ziemlich abgeerntet, muss man sagen.“

Kleinerer Markt und analoge Wertschöpfung

Die ersten B2B-Industrieplattformen entstanden als Reaktion auf die Monopolisierung der B2C-Plattformen in der Konsumentenwelt (Riemensperger & Falk, 2019). Der Großteil der B2B-Wertschöpfung findet jedoch nach wie vor analog statt und die Rentabilität von first-mover-Lösungen steht noch aus. Vorreiter der Plattforminnovation scheinen ihre Zielgruppe noch nicht effektiv zu erreichen, da diese nicht vom unmittelbaren Mehrwert einer Beteiligung an Plattformen überzeugt ist.

„Vielleicht braucht es hier dann für den Gesamtmarkt auch noch einmal zehn bis 15 Jahre und wir haben bis dato dann genügend ,digitale Spiegel‘, heißt virtuelle Zwillinge entwickelt, die uns dann tatsächlich zeigen, dass Effektivität und Effizienz im systemischen Bereich allen zugute kommt. Aber vielleicht sind wir da auch einfach noch zu früh dran und [alle derzeitigen Akteure], das sind Pioniere und alle verlieren wahrscheinlich auch eher gerade Geld, als dass sie mit diesen Initiativen Geld gewinnen.“

Lange Verkaufszyklen und Besonderheiten im Marketing

B2B-Plattformen folgen einer anderen Logik als B2C-Plattformen, was sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringt. So sind Verkaufszyklen im B2B-Vertrieb zwar deutlich länger (teilweise zwischen 12-18 Monaten), allerdings können sich genau hieraus stärkere Kundenbindungen und Lock-In-Effekte ergeben. Außerdem sind Entscheidungszyklen im B2B-Markt deutlich intransparenter, sodass mehr Zeit vergeht bis der richtige Entscheidungsträger ausfindig gemacht werden kann.

„Im B2B weißt du gar nicht, wer eigentlich der Entscheider ist [und musst dann] aus mehreren Ecken wurschteln. [Bei großen Firmen] brauchen wir zwei Jahre, bis wir da einen Account platziert haben. […] Wenn Sie einmal drin sind, dann sind Sie drin. Das ist auch der Vorteil. Das Thema Kündigungsrate oder churn rate, womit viele Unternehmen kämpfen, gibt’s bei uns gar nicht.“

Gleichzeitig waren sich Experten darüber einig, dass die Anforderungen an die Nutzerfreundlichkeit geringer als im B2C-Markt sind. Allerdings übertragen Nutzer zunehmend ihre Erwartungen, die aus ihrer Gewohnheit der B2C-Standards entspringen, auf B2B-Anwendungen. Ebenfalls funktioniert Marketing im B2B-Bereich nach anderen Maßstäben als im B2C-Bereich. Nach Aussage der Interviewpartner gibt es hier keine Universallösung. Während im B2C-Markt Nutzer durch digitales Marketing angesprochen werden können, kann die Ansprache im B2B-Markt über sehr unterschiedliche Kanäle erfolgen, für die es keine Blaupause gibt.

„Man kann nicht die Stadt plakatieren mit einem großen Marketingbudget [...] und glauben, dass dann alle schnell [beitreten], sondern man muss wirklich nachhaltig eine Akzeptanz und Reputation aufbauen. Ansonsten bewegt sich da gar nichts.“

Generell lässt sich feststellen, dass der B2B-Bereich stärker auf vertrauensvolle, langfristige Beziehungen aufbaut und daher die Strategie einer Plattform für den Netzwerkaufbau kritisch ist. Es ist insofern eine Gelingensbedingung, eine Reputation und Akzeptanz aufzubauen, um als Plattform angenommen zu werden:

„Die Schlüsselerkenntnis ist, dass speziell auch in Deutschland unsere strukturelle Stärke in der Wirtschaft […] aus granularen Beziehungen [kommt]. Sie wissen ja, der Motor der deutschen Wirtschaft ist der Mittelstand und der genau deshalb, weil er [sich] in so einer granularen Form auf die Kundenbedürfnisse einstellt. Dieser B2B-Handel, […] das spielt sich zu einem ganz großen Teil in diesen granularen Beziehungen ab, die eben kaum von außen durchschaubar sind.“

Als Gelingensbedingung wurde in den Interviews betont, wie wichtig die zeitnahe Einbindung der Anbieter und Nutzer im Plattformaufbau ist. Dies heißt zum einen, dass es von Beginn an entscheidend ist, eine klare Vorstellung von der Zielgruppe zu haben, zu wissen, wie man sie von dem gemeinsamen Mehrwert erzeugt, und eine klare Strategie zu haben, um die kritische Masse zu erreichen. Gleichzeitig wurde in den Experteninterviews betont, dass es den meisten Anbietern schwer fällt, sich sowohl in die Partner- als auch Kundensicht einzudenken und diese im Aufbau strategisch mit zu berücksichtigen. Eine Gelingensbedingung ist auch das Verständnis darüber, dass Plattformaufbau branchenspezifisch ist: Was möglicherweise im Maschinenbau funktioniert, muss nicht zwangsläufig in einer nahe gelegenen anderen Branche funktionieren.

Fallstudien

Unternehmensperspektive und Zusammenhänge

Die Untersuchung der drei im Folgenden beschriebenen MPO ergänzt die gewonnenen Erkenntnisse aus der quantitativen Analyse, der Sekundärforschung und den Experteninterviews. Wie die Analyse der MPO-Landschaft gezeigt hat, ist der Bestand an von mittelständischen Unternehmen betriebenen Plattformen begrenzt. Großunternehmen und Startups sind als Betreiber von mittelstandsorientierten Plattformen hingegen weit verbreitet.

Daher wird im Folgenden je eine Fallstudie für diese drei Betreibermodelle behandelt. Die Plattform ADAMOS wurde 2017 als Joint Venture der mittelständischen Maschinen- und Anlagenbauunternehmen Dürr AG, DMG Mori, Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH, ASM Assembly Systems sowie der Software AG gegründet. Ziel der Gründungsmitglieder war es eine Plattform „[v]on Maschinenbauern für Maschinenbauer" zu entwickeln (Software AG, 2017). Als Beispiel einer Plattform von einem Großunternehmen als Betreiber, untersucht die Studie die Siemens MindSphere, eine IoT-Plattform die als technische Grundlage zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle für Industrieunternehmen dient. Die dritte untersuchte Plattform, wind-turbine.com, ist 2011 als Geschäftsbereich des mittelständischen Online-Marketing-Unternehmens WIV GmbH entstanden. Wachsendes Auftragsvolumen bestätigte die Nachfrage nach einem unabhängigen Marktplatz für gebrauchte Windkraftanlagen, weshalb wind-turbine.com GmbH als Startup ausgegründet wurde.

ADAMOS: Das Plattform-Konsortium vom Maschinenbau für den Maschinenbau

Im Sommer 2017 formte sich ADAMOS als Allianz bestehend aus Maschinen- und Anlagenbauern und einem Softwareunternehmen mit dem Ziel, eine IoT-Plattform vom Maschinenbau für den Maschinenbau zu entwickeln. Die Partner, etablierte Industriebetriebe wie DMG Mori, Dürr AG und Zeiss, decken mit ihrem Angebot gemeinsam verbreitete Maschinenklassen ab, ohne dabei in direktem Wettbewerb miteinander zu stehen. Unter der ADAMOS GmbH entwickelten die Maschinenbauer eine eigene Technologieplattform, die auf Basis der Cumulocity-Architektur der Software AG betrieben wird. Als Nicht-Maschinenbauer sticht die Software AG in dieser Konstellation zunächst heraus, qualifizierte sich aber von Beginn an durch ihre Industrienähe, eine gleichberechtigte Zusammenarbeit sowie ein offenes und flexibles Angebot bezogen auf die eigene Technologieplattform.

ADAMOS ist als integrierte IoT-Plattform zu klassifizieren, die sowohl eine Entwicklungsoberfläche für Softwareanwendungen als auch einen Marktplatz für diese Anwendungen und Maschinendaten kombiniert. Der IT-Industrie vertraute Herausforderungen wie Inkompatibilitäten unterschiedlicher Softwareversionen, Ansprüche an die Bedienbarkeit neuer Anwendungen oder die Diversität von Datenformaten, mit denen sich die Maschinenbauer in diesem Maße vorher noch nicht auseinandergesetzt hatten, führten zu einem frühen Strategiewechsel. Anstatt wie initial geplant die Plattform der Software AG im Kern weiterzuentwickeln, wurde der Fokus im Konsortium auf die gemeinsame Festlegung von Standards und den digitalen Marktplatz für Anwendungen gelegt.

„Ich sag immer ganz gerne: Wir haben dann festgestellt, wir haben jemandem einen Hammer hingelegt, der aber gar nicht weiß, wie man mit dem Hammer ein Haus baut. Das heißt, wir haben dieses ganze Thema Netzwerk, Erfahrungsaustausch, ja, Kompetenzen und so weiter wieder viel mehr gestärkt.“

Die technischen Herausforderungen im Aufbau industrieller IoT-Plattformen sind verglichen mit dem Endkosumentenbereich deutlich komplexer und diverser. Digitale Produkte und Services müssen auf ein breites Spektrum unterschiedlicher Maschinen, IT-Umgebungen sowie Organisations- und Lieferkettenstrukturen abgestimmt werden. Darüber hinaus variiert die digitale Reife der fertigenden Unternehmen, also den potenziellen Plattformnutzern, stark. Die Komplexität und Diversität wurde von den Maschinenbauern im Konsortium zunächst unterschätzt.

„Im Rahmen des Strategieschwenks rückt die Software AG wieder in diese Plattform-Ownership und Operations-Rolle rein. ADAMOS fokussiert sich dann vielleicht stärker auf andere strategische Aspekte, vor allem dieses Netzwerks und eben, kommend jetzt, der ADAMOS-Hub, also der Marktplatz für Applikationen.“

Das ADAMOS-Konsortium verfolgte seit dem Strategiewechsel zwei primäre Ziele. Für digitale Produkte und Services wurden Schnittstellen und Standards definiert, um Unternehmen in der Allianz und im Partnernetzwerk zu befähigen, Produkt- und Serviceideen zu entwickeln und umzusetzen. Darüber hinaus wurde eine IoT-Plattform-agnostische Infrastruktur aufgebaut, die mittels definierter Standards ermöglicht, dort entwickelte Anwendungen auf unterschiedlichen IoT-Plattformen zu betreiben und über einen angeschlossenen Marktplatz anzubieten.

Die eigene Infrastruktur, der ADAMOS-Hub, wird seit Anfang 2020 in einem geschlossenen Beta-Betrieb getestet und ermöglicht durch einheitliche Schnittstellen und Integrationspunkte einen technologieoffenen Austausch von Daten. So behalten beteiligte Maschinenbauer die Hoheit über ihre Daten. Durch die Anschlussfähigkeit können Anwendungen auf unterschiedlichen IoT-Plattformen, beispielsweise auf Cumulocity oder Siemens MindSphere, entwickelt und betrieben werden.

Der ADAMOS-Store ist als digitale Angebotsfläche für die Anwendungen der Maschinenbauer zu verstehen. Über ein Shop-in-Shop-Modell behalten die Partnerunternehmen direkten Kundenzugang auf einem geteilten Marktplatz.

„Und wichtig ist an der Stelle noch, dass wir als ADAMOS jetzt gar nicht im ersten Schritt der große Anbieter von Industrie-Applikationen sein wollen, sondern wir wollen der Enabler sein für den Maschinenbau, dass er diese digitalen Produkte zum Kunden bringt.“

Neben der technischen Komplexität offenbaren organisatorische Prozesse in der Zusammenarbeit zwischen Plattformbetreiber und Nutzern zusätzliche Herausforderungen. Ein integriertes Abrechnungssystem zur Nutzungs-basierten Verrechnung in Anspruch genommener Produkte und Services auf dem Marktplatz ist beispielsweise noch nicht umgesetzt; erste Konzepte dazu bestehen allerdings.

Betreibermodell

Acht Gesellschafter sind aktuell an der ADAMOS GmbH beteiligt. Neben sechs Maschinen- und Anlagenbauern sind die Software AG und seit 2020 auch das Wirtschaftsprüfungsunternehmen PriceWaterhouseCoopers (PwC) Teil der Allianz. Das Netzwerk der Partnerorganisationen besteht aus über 30 weiteren Unternehmen, die überwiegend der fertigenden Industrie angehören. Operativ wird ADAMOS durch ein kleines, organisatorisch eigenständiges Team geführt, das zwischen den Interessen der Gesellschafter vermittelt.

Die ADAMOS GmbH ist damit ein Gemeinschaftsunternehmen, an dem alle Gesellschafter direkt finanziell beteiligt sind. Die Maschinenbauer sind neben der Rolle als Eigentümer selbst Nutzer der Plattform. In neu aufgebauten IT-Abteilungen oder unterstützt durch externe Dienstleister entwickeln sie digitale Produkte und Services als Zusatzangebot für Kunden aus den fertigenden Industrien. Obwohl ADAMOS als gewinnorientiertes Unternehmen operiert, trägt die Situation der geteilten Eigentümer- und Nutzerrollen nach Angaben der ADAMOS-Führung dazu bei, dass im Gemeinschaftsunternehmen kostendeckend gewirtschaftet wird. Erwirtschaftete Erträge aus dem digitalen Geschäft werden an die Anbieter der Produkte und Services weitergegeben.

Geschäftsmodell

Wertversprechen: Die Plattform ADAMOS verspricht ihren Nutzenden aus der fertigenden Industrie eine IT- und Cloud-unabhängige, durch Standards getriebene Infrastruktur zur Entwicklung (Hub) und zum Vertrieb (Store) digitaler Produkte und Services.
Kundenbeziehung: Dadurch, dass die betreibenden Unternehmen selbst Nutzende und sehr eng in der Industrie verankert sind, besteht eine langjährige intensive Kundenbeziehung. Das Partnernetzwerk und die Befähigung der teilnehmenden Partner zur Partizipation auf IoT-Plattformen sind im ADAMOS-Modell zentral verankert.
Kundensegment: Komplementäre der ADAMOS-Plattform sind Maschinen- und Anlagenbauer sowie Software- und Servicedienstleister. Nutzer der entwickelten Anwendungen sind fertigende Unternehmen unterschiedlicher Industrien.
Umsatz: Das Ertragsmodell besteht aus zwei Komponenten: Auf der Technologieebene wird ADAMOS an Umsätzen durch die digitalen Produkte und Services der Maschinenbauer (und Dritter) prozentual beteiligt. Auf der Community-Ebene werden durch die Organisation und Durchführung von Veranstaltungen weitere Einnahmen generiert.
Kommunikationskanäle: Vorhandene Kunden- und Partnernetzwerke der beteiligten Unternehmen werden zur Erhöhung der Reichweite genutzt. Darüber hinaus ist der Vertrieb auf relevanten Messen präsent.
Ressourcen: Vorhandenes Know-how, Erfahrung in der Industrie, eine Kundenbasis und die Möglichkeit, ganze Fertigungsketten mit dem physischen Angebot der beteiligten Partner abbilden zu können.
Kosten: Die größten Kostentreiber innerhalb des Geschäftsmodells von ADAMOS stellen Personal- und Vermarktungskosten dar.
Partnerschaften: Dienstleistungsunternehmen aus den Bereichen der Strategie- und Softwareentwicklung sind wichtige Partner bei der Entwicklung digitaler Produkte und Services.
Aktivitäten: Das ADAMOS-Team erkennt und repräsentiert den Bedarf der Industrie, setzt diesen in Standards und eine technische Infrastruktur um und vermittelt dabei zwischen den Interessen und Wünschen der beteiligten Anteilseigner und Netzwerkpartner.

Siemens MindSphere: Vom internen Projekt zum Plattform-Service-Ökosystem

Die Siemens AG ist zwar selbst kein mittelständisches Unternehmen, stellt in ihrer Industriesparte aber Maschinen und Maschinenkomponenten für ein breites Spektrum von KMU aus verschiedenen Branchen her. Das Portfolio reicht von einzelnen Steuerelementen, die später in anderen Werkzeugmaschinen verbaut werden, bis zu alleinstehender Medizintechnik für Forschungslabore. Die Bearbeitung des entstehenden Servicebedarfs, beispielsweise für die Bauteilwartung, -reparatur oder -pflege, verantwortet ein eigenständiges Serviceteam innerhalb der Industriesparte. Mit zunehmender technischer Komplexität der Sensorik in den angebotenen Maschinen und Komponenten stieg in den vergangenen Jahren die Servicenachfrage, mit der bei Siemens meist manuell und individuell umgegangen wurde. Davon ausgehend wurde die Plattform MindSphere zunächst als internes Projekt mit dem Ziel gestartet, den Aufwand im Kundenservice mittels digitaler Services zu reduzieren. Um digitale Services zu entwickeln, bedurfte es einer technischen Infrastruktur, die in der Lage war, über Schnittstellen Daten zu sammeln, verarbeitbar zu machen und in Anwendungen zu übersetzen.

„Die ursprüngliche Idee war eigentlich, MindSphere nur für uns selbst zu nutzen.“

Diese technische Infrastruktur bildet auch heute noch den Kern von Siemens MindSphere. Einhergehend mit der technischen Entwicklung der Architektur und der Verbindung zum eigenen Maschinen- und Maschinenkomponenten-Portfolio entstand 2015 die Idee, die Plattform-gestützte Entwicklung digitaler Services auch anderen Maschinenherstellern zugänglich zu machen. Intensive Nutzerforschung des MindSphere-Teams bestätigte die getroffenen Annahmen über eine Nachfrage im Markt. Allerdings stellte sich ebenfalls heraus, dass viele KMU in der fertigenden Industrie nicht über mit der Siemens AG vergleichbaren Kapazitäten zur Software-Entwicklung verfügten und die Anwendungsentwicklung daher durch externe Entwicklungsdienstleister geleistet werden musste. Auf die Erfahrungen im eigenen Servicebereich und die Nutzerbefragungen aufbauend adressierte das MindSphere-Team im Öffnungsprozess der Plattform daher zunächst Entwicklungsdienstleister für IT-Applikationen. Als die Nachfrage hinter den Erwartungen zurück blieb, wurden einige der dargestellten Hindernisse zur Nutzung digitaler Plattformen im Mittelstand ersichtlich. Unternehmen, die seit vielen Jahren erfolgreich physische Maschinen und Anlagen bauen oder betreiben, fällt es schwer, das eigene Wertversprechen um digitale Produkte oder Services zu erweitern.

„Wir behalten den Fokus auf Entwicklungsdienstleister bei […] aber wir stellen die Lösung für den Endkunden wesentlich stärker in den Mittelpunkt. Das ist die Entwicklungsgeschichte, die wir vor allem in den letzten zwölf Monaten genommen haben.“

Das MindSphere-Team hat den Anspruch, die Plattform-nutzenden Unternehmen dazu zu befähigen, ihr Geschäftsmodell durch die Entwicklung und Implementierung digitaler Produkte und Services um das eigene Portfolio physischer Produkte zu erweitern oder gänzlich neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Daher wird bei MindSphere inzwischen vermehrt auf Beratungsleistungen gesetzt. In kollaborativen Projekten werden mit fertigenden Unternehmen und Entwicklungsdienstleistern gemeinsam neue Produkt- und Servicekonzepte entwickelt und umgesetzt. Das MindSphere-Team verfolgt dabei das Ziel, die technische Infrastruktur zu stärken, Nutzungsraten zu steigern und das Spektrum der digitalen Produkte und Services auf der Plattform zu erweitern. Über das direkte Qualifizierungsangebot der Siemens AG hinaus haben die Plattform-nutzenden Unternehmen sich zum Wissens- und Erfahrungsaustausch in einem Verein, der MindSphere World, organisiert.

Betreibermodell

Die Siemens AG als ein global agierendes Großunternehmen mit starker Marktdurchdringung in diversen Industrien und betreibt die Plattform MindSphere eigenständig. Das Unternehmen setzt dabei in der technischen Entwicklung und im Betrieb eigene Ressourcen ein. Mit einem jährlichen Umsatz von über 80 Milliarden Euro ist Siemens in der Lage, über Jahre mehrere Millionen Euro in Projekte mit strategischer Relevanz zu investieren.

Neben den finanziellen Aspekten stellt das interne Know-how einen zusätzlichen Vorteil dar. Das Team der MindSphere-Plattform besteht aus Software-Entwicklern, Maschinenbauern, Vertriebsmitarbeitern und Strategen, die über langjährige Erfahrung im industriellen Umfeld verfügen. Darüber hinaus hat das MindSphere-Team Zugang zu der breiten, viele Industriezweige übergreifenden Kundenbasis des Mutterkonzerns. Die drei Faktoren Kapital, Know-how und Kundenreichweite beschreiben generell den Vorteil, den Großunternehmen gegenüber Mittelständlern und Startups im kapitalintensiven Plattformwettbewerb haben. Dies gilt insbesondere für innovationsorientierte Plattformen, da der Aufbau dieser technischen Infrastrukturen besonders ressourcenintensiv ist.

Unternehmensgröße und Eigenständigkeit bergen auch potenzielle Nachteile. Plattform-nutzende Unternehmen zeigen teils wenig Vertrauen in die Offenheit und Nicht-Exklusivität der MindSphere-Plattform. Das große Vertrauen der Kunden physischer Produkte kann die Siemens AG demnach nicht in den digitalen Bereich übertragen. Dies ist insbesondere bedingt durch Bedenken bei der regelmäßigen Weitergabe unternehmensinterner Prozessdaten. Ein Schwenk des Nutzerverständnisses weg vom Paradigma „Größe schafft Vertrauen" hin zu „Größe fördert Machtungleichgewicht“ ist zu erkennen.

Größe und Organisationsstruktur der Siemens AG verlangsamen die Reaktionsgeschwindigkeit auf neue Erkenntnisse und Veränderungen in digitalen Märkten. Obwohl MindSphere als eigenständiger Bereich innerhalb der Siemens AG agiert, ist sie dadurch ähnlich agil wie ein Startup. Gemessen an einem Gesamtumsatz von mehreren Milliarden Euro, der überwiegend durch das traditionelle Geschäft erwirtschaftet wird, fällt das Investment in die Plattform kaum ins Gewicht.

Geschäftsmodell

Wertversprechen: Als Platform-as-a-Service verbindet MindSphere Produkte, Anlagen, Systeme und Maschinen und ermöglicht den nutzenden Unternehmen damit, eigene IoT-Daten zu sammeln, darzustellen und mittels eines breiten Angebotes zugänglicher Applikationen auszuwerten und nutzbar zu machen. Darüber hinaus werden Maschinen- und Anlagenbauer befähigt, das eigene Produktportfolio um digitale Services und Geschäftsmodelle zu erweitern.
Kundenbeziehung: Während zunächst eine Infrastruktur-lastige Strategie verfolgt wurde, konzentriert sich das Unternehmen seit Mitte 2019 stärker auf das Servicegeschäft.
Kundensegment: Siemens adressiert mit MindSphere ein breites Spektrum fertigender Unternehmen vom KMU bis zum Weltkonzern, die in unterschiedlichen Industrien, beispielsweise in der Automobil- oder Chemieindustrie aktiv sind.
Umsatz: Die zwei zentralen Umsatzquellen sind die Erhebung von Nutzungsgebühren und der Verkauf eigener Apps oder Dienstleistungen. Das App- und Dienstleistungsgeschäft gewinnt zunehmend an Bedeutung.
Kommunikationskanäle: Neukunden werden über Industrie-Events, Direktvertrieb und digitalen Vertrieb erreicht. Ein weiterer wichtiger Kanal ist die Ansprache bestehender Siemens-Kunden aus dem Hardware- und Servicegeschäft. Kundenbeziehungen sind auch im digitalen Plattformgeschäft eng und persönlich.
Ressourcen: Die zentrale Ressource ist hochqualifiziertes Personal zur Technologieentwicklung. Darüber hinaus ist der Zugang zu einem diversen Partner- und Kundennetzwerk, innerhalb wie außerhalb der Unternehmensgrenzen der Siemens AG, relevant.
Kosten: Die größten Kostentreiber sind der Personal- und Vertriebsaufwand.
Partnerschaften: Siemens entwickelt die Kerntechnologie größtenteils im eigenen Unternehmen, greift aber bei der Entwicklung auf Open-Source-Technologien zurück. Wichtige Partner sind die komplementären Maschinen- und Anlagenbauer, Service- und Entwicklungsdienstleister, Cloud-Anbieter und weitere im Verein MindSphere World organisierte Gruppen.
Aktivitäten: Das Team von MindSphere verantwortet Ausbau, Ver- und Betrieb der Plattform. Weitere Einheiten von Siemens agieren sowohl als Anbieter von Apps und Services auf der MindSphere-Plattform als auch als Nutzer, beispielsweise in eigenen Fertigungsstätten.

wind-turbine: Der Marktplatz für gebrauchte Windkraftanlagen in Europa

Zwei exogene Faktoren trugen zum Potenzial für wind-turbine als digitalen Marktplatz für gebrauchte Windkraftanlagen bei. Mit Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im April 2000 investierten viele (Klein-)Unternehmen und Privatpersonen in eigene Windkraftanlagen. Die öffentliche Förderung der Windenergie wurde seither kontinuierlich reduziert und die EEG-Förderung läuft 2021 aus. Dadurch sinkt die Rentabilität des Anlagenbetriebs, während das Verkaufsinteresse bei Besitzern steigt. Der Markt ist darüber hinaus auf Angebots- und Nachfrageseite durch die vielen „kleinen" Akteure von Beginn an stark fragmentiert. Ohne eine zentrale Anlaufstelle zum An- oder Verkauf gebrauchter Windkraftanlagen entstand für Transaktionen ein hoher Suchaufwand.

2011 gründete Bernd Weidmann mit der wind-turbine.com GmbH (im Weiteren wind-turbine) diese zentrale Anlaufstelle. Wind-turbine startete als digitaler Marktplatz, auf dem die Windkraftanlagenbesitzer ihre qualitativ hochwertigen Anlagen deutscher und dänischer Hersteller inserieren konnten. Weidmann, der langjährige Erfahrung im Online Marketing als CEO der WIV GmbH sammelte, hatte vor wind-turbine bereits einen erfolgreichen digitalen Marktplatz für Pferde aufgebaut. Im Aufbau seines zweiten Marktplatzes fokussierte sich Weidmann zunächst auf die Angebotsseite und den deutschen Markt. Wind-turbine war zu dieser Zeit ein unternehmensinternes Startup innerhalb der WIV. Exemplarisch für traditionelle Industriezweige ist die Windkraftbranche durch persönliche Beziehungen zwischen den Akteuren geprägt. Diese Beziehungen baute das Team der wind-turbine während Teilnahmen an Industrie- und Vernetzungstreffen auf.

„Das sind dann in der Regel immer so zwei Veranstaltungen. Das ist die Windmesse in Husum im September und die Wind-Energie-Tage, die immer im November stattfinde[n]. Das sind die zwei großen Events, wo einfach die ganze Branche sich trifft. Und da war es mir wichtig mich vorzustellen.“

Windkraftanlagenbesitzer (oft Landwirtschafts- oder andere regionale Betriebe), die wind-turbine als Angebots-Schaffenden auf dem Marktplatz gewinnen wollten, hatten im Jahr 2011 noch wenig Kontaktpunkte zu Onlinediensten. Über Makler, die den langsam wachsenden Sekundärmarkt der Windkraftanlagen im Analogen bedienten, und die Besuche relevanter Fachmessen fand Weidmann Zugang zu relevanten Akteuren innerhalb der Branche. Die Vermarktung erster Inserate, in enger Zusammenarbeit mit Eigentümern der Anlagen und Maklern, zeigte, dass die internationale Nachfrage und insbesondere der osteuropäische Markt vielversprechend war. Auch auf Nachfrageseite fungieren Makler als Bindeglied zwischen inserierten Windkraftanlagen und potenziellen Käufern. Die Makler übernehmen, ähnlich den Serviceanbietern im Fall der ADAMOS-Plattform, die Rolle eines ermöglichenden Akteurs, um auf Angebot und Nachfrage des digitalen Marktplatzes aufmerksam zu machen und anzuschließen. Auf diese Erkenntnisse aufbauend weitete wind-turbine den geografisch gesetzten Fokus von Deutschland im Vertrieb auf Europa aus.

Das Wertversprechen von wind-turbine bestand neben dem Betrieb und der durch persönlichen Kontakt getriebenen Vermarktung des Marktplatzes vor allem darin, manuelle Qualitätskontrollen durchzuführen. Dies betraf sowohl angebotene Anlagen als auch den Verkauf oder Kauf unterstützender Makler. Dabei stärkte der persönliche Kontakt mit beteiligten Akteuren zum einen das Vertrauen in den Marktplatz und half dem wind-turbine-Team, das interne Industrie-Know-how stetig weiter auszubauen. Die auf Makler als Multiplikatoren ausgerichtete Strategie trieb das Wachstum des Marktplatzes an und ermöglichte es wind-turbine, im Jahr 2013 den einzigen bedeutenden Wettbewerber, ein Online-Marktplatz für Windkraftanlagen mit Sitz in den Niederlanden, gemessen an eingestellten Inseraten und vermittelten Transaktionen, zu übertreffen.

„Es spricht sich rum, dass wind-turbine den Zugriff auf den Käufermarkt hat.“

Nach drei weiteren Jahren des stetigen Wachstums wurde dieser Wettbewerber übernommen und die wind-turbine.com GmbH aus der WIV GmbH als eigenständige Firma ausgegründet. Damit wurde 2016 aus dem anfänglichen Nebenprojekt ein eigenständiges Startup, das sich in fünf Jahren zur zentralen digitalen Anlaufstelle für den Windkraft-Sekundärmarkt entwickelt hat.

Derzeit betreibt das Unternehmen allerdings noch kein tragfähiges Geschäftsmodell. Das Wachstum der vergangenen Jahre wurde neben der aktiven Vertriebsarbeit dadurch getragen, dass die angebotene Leistung der Platzierung von und Suche nach gebrauchten Windkraftanlagen auf dem Marktplatz für alle beteiligten Akteure kostenlos zugänglich war. Zur Monetarisierung der Plattform wurden verschiedene Ansätze, unter anderem auch Werbefinanzierung, ausprobiert. Zwei der erprobten Mechanismen wirkten sich zusätzlich zur Umsatzgenerierung positiv auf die Qualität des Angebots und die Reichweite der Plattform aus. Erstens führte wind-turbine eine monatliche Gebühr für Makler ein, die den Zugang zu angebotenen Anlagen suchen. Dieser Schritt hatte eine regulierende Wirkung, da unseriöse Makler von dieser monetären Hürde abgeschreckt wurden. Zweitens wurde ein eigener Beratungszweig gegründet, mit dem wind-turbine selbst die Rolle der Makler übernahm um für Verkäufer passende Kaufinteressenten zu finden und zu qualifizieren.

Heute bilden der Mitgliedsbeitrag und das Servicegeschäft die Eckpfeiler des Ertragsmodells von wind-turbine. Die Firma arbeitet im Rahmen der Integration weiterer Prozessschritte innerhalb des Marktplatzes an einer treuhänderischen Abwicklung der Finanztransaktionen und an der Einführung einer Transaktionspauschale. Durch die langjährige Beziehungspflege mit relevanten Akteuren in der Branche, insbesondere auch dem Windkraftverband, werden diese Entwicklungsschritte transparent kommuniziert, diskutiert und, so Weidmann, aufgrund des für alle erkennbaren Mehrwerts auch akzeptiert.

Betreibermodell

Wind-turbine ist als Plattform-Startup in der Lage, auf neue Erkenntnisse und Veränderungen im Markt auf operativer, technischer und strategischer Ebene schnell zu reagieren. Beispielsweise bildet das Unternehmen die zunehmende Nachfrage durch Hersteller neuer Windkraftanlagen schnell auf dem Marktplatz ab und implementiert die notwendigen Prozesse. Als zunächst branchenfremder Akteur im Markt für Windkraftanlagen hat wind-turbine diese Schnelligkeit genutzt und eine zentrale Marktposition eingenommen. Aufgrund hoher Volumen je Auftrag wurden so trotz manuellen Aufwands der persönlichen Kontakte seit Gründung der Plattform nach eigenen Angaben Windkraftanlagen im Wert von mehr als drei Milliarden Euro vermittelt. Wind-turbine entwickelt und erprobt neue Funktionen zur Automatisierung der Transaktionen in enger Zusammenarbeit mit Hochschulen und IT-Servicedienstleistern. Der Gründer der wind-turbine GmbH ist selbst stark in das operative Geschäft eingebunden und pflegt enge Beziehungen zu Anbietern und Maklern auf der Plattform.

Limitierte Ressourcen, die mit Startups assoziiert werden (zumindest solchen ohne Wagniskapitalfinanzierung), wurden bei wind-turbine dadurch ausgeglichen, dass der Plattformaufbau über mehrere Jahre als Nebenprojekt betrieben und finanziell getragen wurde. Ein solches Modell ist nicht auf den Aufbau einer technologielastigen Innovationsplattform mit der Reichweite einer ADAMOS oder MindSphere übertragbar. Für vertikal differenzierte Marktplätze kann, wie der Fall wind-turbine zeigt, auch mit limitierten Ressourcen ein funktionierendes Geschäft aufgebaut werden.

Geschäftsmodell

Wertversprechen: Wind-turbine bringt Betreibern von Windkraftanlagen mit Verkaufsinteresse mit Kaufinteressenten für diese Anlagen zusammen. Makler unterstützen bei der Akquise beider Parteien. Über das Matchmaking hinaus werden auf dem Marktplatz weitere Services, wie Rückbau, Transport und Versicherung vermittelt.
Kundenbeziehung: Die Beziehung zu den unterschiedlichen Nutzern (Verkäufer, Käufer, Makler und Serviceanbieter) ist persönlich und direkt. Beziehungspflege wird in der überschaubaren Windenergiebranche durch Besuch der relevanten Messen und ein Engagement im Verband aktiv betrieben.
Kundensegment: Wind-turbine spricht auf der Anbieterseite Betreiber von Windkraftanlagen mit Verkaufsinteresse an. Die Spanne reicht hier von Privatpersonen mit einer Anlage bis zu Großunternehmen mit großen Windparks. Die Nachfrageseite ist ähnlich divers und zudem sehr international.
Umsatz: In den ersten sechs Jahren des Betriebs bestand kein Werterfassungsmechanismus. Seit einigen Jahren wird durch ein mehrstufiges System aus Mitgliedsbeiträgen, Gebühren für Anfragen an Anlagenbesitzer und das Servicegeschäft Umsatz generiert. Zukünftig strebt wind-turbine die Einführung einer Transaktionspauschale an.
Kommunikationskanäle: Neukunden werden über international tätige Makler, die zwei großen deutschen Windkraftindustriemessen und über Empfehlungen gewonnen. Die internationale Expansion wird durch digitales Marketing getrieben.
Ressourcen: Zentrale Ressourcen sind das große Vertrauen in Industriekreisen und der persönliche Kontakt zu den relevanten Akteuren in der Branche. Darüber hinaus profitiert das Wind-turbine-Team von den Erfahrungen des erfolgreichen Plattformaufbaus (Pferde.de) aus der Vergangenheit.
Kosten: Die größten Kostentreiber sind Personal- und Vermarktungskosten.
Partnerschaften: Die Technologie zum Betrieb des Marktplatzes wird überwiegend intern entwickelt. Das Hosting ist über einen großen, internationalen Cloud-Anbieter abgedeckt. Zur Implementierung komplexer Systeme, z.B. zur treuhänderischen Übernahme der Finanztransaktionen, entsteht derzeit eine Entwicklungspartnerschaft mit der Hochschule in Karlsruhe.
Aktivitäten: Das Team legt einen starken Fokus auf die internationale Expansion im Vertrieb und die nationale Akquise neuer Windkraftanlagenanbieter. Darüber hinaus werden die strategische und technische Erweiterung der Funktionalitäten und Services auf dem Marktplatz getrieben.

Vergleichende Analyse

Untenstehende Tabelle fasst die wesentlichen Beobachtungen aus den Fallstudien zusammen. Trotz der Unterschiede bezogen auf Plattformtyp, industriellem Kontext, verfolgter Strategien sowie Betreiber- und Geschäftsmodellen lassen sich gemeinsame Muster in der Betrachtung der Fallstudien erkennen:

Aktives Community- und Komplementär-Management

Das Vorgehen der analysierten Unternehmen eint ein initialer (ADAMOS & wind-turbine) beziehungsweise stärker werdender (MindSphere) Fokus auf die Befähigung relevanter Akteure im Ökosystem zur Teilnahme an der Plattform. Während Plattformen im Konsumentenmarkt häufig auf beiden Marktseiten auf passive Nutzer stoßen, die die Regeln der Plattform und Technologie-Anpassungen als gegeben hinnehmen, greift dieser Ansatz in den betrachteten Marktumgebungen zu kurz. Hier bedarf es der aktiven Einbindung komplementärer Akteure (welche kollektiv das Angebot darstellen) sowie der Nachfrageseite, die das Angebot in ihre Geschäftsprozesse integrieren muss.

Bedeutende Rolle von Intermediären

Ein wichtiger Baustein zur aktiven Befähigung teilnehmender Akteure in MPO-Ökosystemen sind in allen drei Fallstudien Intermediäre. In den Fällen ADAMOS und MindSphere sind dies Serviceanbieter, die Maschinen- und Anlagenbauer beim technischen Anschluss an die Plattform und der Entwicklung digitaler Services und Produkte unterstützen. Für wind-turbine spielen Makler eine wichtige Rolle in der Unterstützung der Windkraftanlagenbetreiber bei der Präsentation ihrer Anlagen auf dem Marktplatz und der Qualifikation der Anfragen internationaler Kaufinteressenten.

Dynamik in Strategie und Geschäftsmodell

Die Unternehmen teilen abschließend eine Dynamik und Anpassungsfähigkeit in der strategischen Ausrichtung und dem Geschäftsmodell aufgrund neuer Erkenntnisse aus dem und Veränderungen im Markt, obgleich sich die Beschaffenheit dieser Dynamiken zwischen den betrachteten Fallstudien unterscheidet. Wind-turbine ist als unabhängiges Startup am schnellsten in der Lage, Strategie und Geschäftsmodell zu verändern. Interne Entscheidungsketten und Prozesse limitieren Geschwindigkeit und Umfang des strategischen Handlungsrahmen des MindSphere-Teams. ADAMOS ordnet sich zwischen den zuvor genannten Fällen ein. Kleine Veränderungen an der technischen Plattform werden agil implementiert, strategische Entscheidungen werden teilweise durch Uneinigkeit im Eigentümerkonsortium verlangsamt.

Es zeigt sich, dass die im Kapitel‚ Hindernisse und Gelingensbedingungen‘ erarbeiteten Einflussfaktoren auf den Plattformaufbau durch MPO in allen Fallstudien vorkommen, allerdings in unterschiedlicher Ausprägung. Diese Beobachtung spricht für die Diversität der Phasen des Aufbaus und Betriebs einer MPO und dafür, dass richtige strategische Reaktionen auf Herausforderungen stets situativ zu bewerten sind.

Wie im vorherigen Kapitel dieser Studie gezeigt, weisen KMU oft in der Breite eine geringe digitale Reife auf und tun sich schwer, Potenziale digitaler Plattformen zu erkennen, zu bewerten und zu erschließen. Obgleich Chancen oft erkannt werden, verlangsamen vorhandene Wertesysteme und Denkweisen wie Vorsicht und Sicherheitsbedürfnisse die Adaptionsgeschwindigkeit neuer Technologien oder Geschäftsmodelle. Dieses Ergebnis bezieht sich vorrangig auf KMU als Betreiber von Plattformen, aber auch auf KMU als Nutzer und Komplementäre. Eine derartige mangelnde digitale Reife und Anschlussfähigkeit komplementärer Akteure und Nutzer stellt sich für alle drei Fallstudien als relevant heraus.

ADAMOS Siemens MindSphere wind-turbine

Strategie

Wandel vom initialen Plan, eine „eigene" IoT-Plattform aufzubauen hin zu einer Meta-Plattform-Strategie. In der neuen Strategie wird die Serviceebene adressiert (ADAMOS Hub) und ein einheitlicher Marktplatz (ADAMOS Store) etabliert.

Aufbau der technischen Infrastruktur für digitale Produkte und Services für die fertigende Industrie. Darüber hinaus aktive Förderung des Austauschs zwischen beteiligten Akteuren durch die MindSphere World Initiative.

Marktplatz für gebrauchte Windkraftanlagen. Als Nebenprojekt gestartet wurde Wachstum über netzwerkbasierten Vertrieb & kostenlosen Service getrieben.

Betreibermodell

Zusammenschluss mittelständischer Unternehmen unter Gründung eines gemeinsamen Joint-Ventures.

Organisation als internes Team/interner Bereich innerhalb der Siemens AG.

Aufbau des Marktplatzes als Teil der WIV GmbH, spätere Ausgründung als eigenständiges Startup.

Geschäftsmodell

Interessenvertretung für die im Joint Venture organisierten Maschinen- und Anlagenbauer via Definition einheitlicher Standards und dem Betrieb einer Kundenschnittstelle. Das Preismodell ist nach Nutzungsumfang gestaffelt.

Betrieb einer industrieagnostischen IoT-Plattform in einem lizenzbasierten Plattform-as-a-Service Modell. Darüber hinaus werden komplementären und nutzenden Akteuren anwendungsspezifische Services angeboten.

Als Anbieter eines neutralen Marktplatzes bringt wind-turbine Angebot & Nachfrage zusammen. Nachdem es erst keine Monetarisierung gab, wird das Geschäft zurzeit über Mitgliedsbeiträge und Nutzungsgebühren finanziert.

Insbesondere auf den technisch anspruchsvollen Plattformen MindSphere und ADAMOS ist zu erkennen, dass MPO adressierte Nutzer oft zunächst zur Nutzung befähigen müssen. Hier ist die strategische Neuausrichtung der MindSphere-Plattform von der Bereitstellung technischer Infrastruktur zu einer Serviceorientierung ist besonders exemplarisch. Im Verein MindSphere World werden potenziellen MindSphere-Kunden in Workshops und Schulungen die Möglichkeiten der Plattform nahe gebracht. Im weiteren Qualifizierungsprogramm werden KMU Grundkenntnisse zur technischen Nutzung und digitalen Produktentwicklung vermittelt. Dieses Vorgehen ist eine direkte Reaktion auf das Defizit der digitalen Reife der MPO-Zielgruppe und lässt sich als wichtiger Teil des Wertversprechens von MPO generalisieren.

Die Verfügbarkeit notwendigen Wissens, technischer Fähigkeit und monetärer Ressourcen ermöglichen Großunternehmen wie der Siemens AG, Investitionen in den Aufbau von MPO zu tätigen ohne dabei unmittelbare Umsätze generieren zu müssen. Der Strategiewechsel bei ADAMOS zeigt hingegen, dass auch Zusammenschlüsse mehrerer großer mittelständischer Unternehmen derartige Ressourcen-Unterschiede nicht immer ausgleichen können. Die Frage, wie Investitions-intensive Innovationsplattformen in einem mittelständischen Betreibermodell aufgebaut und betrieben werden können, bleibt in dieser Studie daher unbeantwortet und bedarf weiterer Untersuchungen. Diese Erkenntnis aus den Fallstudien bestätigt somit den im vorherigen Kapitel hohen Ressourcenbedarf als hindernden Faktor im Aufbau und Betrieb von MPO. Allerdings zeigen die Fallstudien auch auf, dass zwischen dem Aufbau technischer Infrastrukturen und digitaler Marktplätze unterschieden werden muss. Der Fall wind-turbine illustriert, dass von Startups betriebene horizontal differenzierte Marktplätze in Nischenmärkten auch mit begrenzten Ressourcen umgesetzt werden können.

Alle betrachteten Fallstudien agieren im B2B-Marktumfeld. Vertrauen und persönliche Beziehungen zwischen Akteuren spielen einheitlich eine wichtige Rolle. Als hemmender Faktor sind hier insbesondere regulatorische Mechanismen, beispielsweise bezüglich der Abwicklung und Dokumentation von Transaktionen, festzuhalten. Das B2B-Marktumfeld, repräsentiert in den Fallstudien durch die Maschinenbauindustrie, ist durch höhere Komplexität von Geschäftsbeziehungen und Transaktionen gekennzeichnet. Die in den Fallstudien untersuchten Unternehmen reagieren auf diese Komplexität mit einer bei B2C-Plattformen meist nicht notwendigen Individualisierung des Angebots. Unterschiedliche Arten von Intermediären jenseits einer MPO (z.B. Makler auf B2B-Marktplätzen oder digitale Servicedienstleister auf Innovationsplattformen) können für die Abwicklung diverserer und komplexerer Beziehungen einen wichtigen Zusatznutzen leisten. Endkunden-orientierte Plattformen wie AirBnB oder eBay ersetzen Intermediäre und vereinheitlichen und kommodifizieren Transaktionen und angebotene Güter; auf MPO ist hingegen die Einbindung relevanter Intermediäre zur Wahrung der Komplexität an Geschäftsbeziehungen ein Erfolgsfaktor.

Policy-Optionen

Evidenzbasierte Wege der Förderung von MPO

Die qualitative Analyse der in Sekundärforschung, Experteninterviews und Fallstudien gesammelten Daten ebnet den Weg für eine fundierte Diskussion potenzieller Fördermaßnahmen. Die in Kapitel 5 beschriebenen Hindernisse und Gelingensbedingungen spannten den Handlungsraum für diese Fördermaßnahmen auf. Ergiebige Diskussionen und kollaborative Zusammenarbeit im Rahmen des Policy Co-Creation Workshops führten zu einer differenzierteren Abgrenzung unterschiedlicher Handlungsfelder.

Mit der Stärkung von Plattforminnovation vor Ort und einer zentralen Plattform-Agentur werden im Folgenden zwei konkrete Maßnahmen als Ansatzpunkte näher erläutert. Die erstgenannte Maßnahme dient einer Erweiterung und Sichtbarmachung vorhandener Fördermaßnahmen für mittelständische Unternehmen, die letztgenannte dem Aufbau technischer Schnittstellen und Infrastrukturelemente über eine neue Institution. Weitere Maßnahmen konnten im Rahmen der Studie aufgrund von konfligierenden Sichtweisen der TeilnehmerInnen des Policy Co-Creation Workshops oder aufgrund unklarer Umsetzbarkeit nur als Handlungsfelder identifiziert werden; hier wären für eine konkrete Ausarbeitung von Policy-Maßnahmen zusätzliche Forschungsarbeit und konzeptionelle Ausgestaltung von Nöten, die im Folgenden umrissen werden. Detaillierte Zusammenfassungen der jeweiligen Gruppenergebnisse aus dem Policy Co-Creation Workshop befinden sich im Anhang II.

Plattforminnovation vor Ort

In den bisherigen Beschreibungen wurde aufgezeigt, dass starke regionale Unterschiede bei existierenden Plattformen sowie die Kluft zwischen neuen und alten Bundesländern – auch unter Berücksichtigung der Siedlungsdichte – besteht. So sind Plattform-Startups vorrangig in Berlin ansässig. Einflussfaktoren auf die regionale Ungleichverteilung sind fehlende Unternehmensnetzwerke, die Konzentration technischen Know-hows in Großstädten und eine fragmentierte Förderlandschaft. Dadurch verfestigen sich Wirtschaftskraft und -netzwerke und diffundieren kaum in die Breite, auch bei MPO.

Die vorgeschlagene erste Policy-Option betrifft angewandte Förderangebote vor Ort, die mit lokalen Partnern umgesetzt werden können. Ein dezentraler Ansatz kann die Offenheit für unternehmensübergreifende Kollaborationen durch strukturierte Formate mit Startups, regionalen Innovations-Hubs, Verbänden und Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren fördern. Kollaborative Projekte reduzieren das Investmentrisiko der einzelnen beteiligten Partner und unterstützen Nicht-Exklusivität von Beginn an. Ein reduziertes Investmentrisiko kann dazu führen, dass in kleinen Skalen vermehrt in industriellen Nischen oder mit geografischem Fokus digitale Geschäftsmodelle aufgesetzt und pilotiert werden, wie der Fall wind-turbine gezeigt hat.

Der Ausbau lokal existierender Angebote zur Digitalwirtschaftsförderung sowie deren stärkere und flächendeckende Vernetzung ermöglichen einen branchenübergreifenden Austausch zu Innovationsprojekten. In wachsenden Netzwerken können relevante digitale Plattformen eine größere initiale Reichweite nutzen und schneller skalieren. Existierende Förderangebote, insbesondere die Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren, können hier Vorbildfunktionen und Partnerrollen einnehmen. Die 26 Kompetenzzentren bieten KMU bundesweit Anlaufstellen zur Unterstützung bei Digitalisierungsprojekten. Das Konzept thematischer (z.B. B2B-Marktplätze im Automobilbereich) und geografischer (z.B. Saarbrücken/Kaiserslautern als IoT-Plattform-Cluster) Schwerpunkte lässt sich auf Plattforminnovation übertragen.

Die Qualifikation und Weiterbildung technischer Fachkräfte kann durch einen gezielten Ausbau vorhandener Angebote sowie die Initiierung neuer Angebote erreicht werden, beispielsweise in enger Zusammenarbeit mit ortsansässigen Hochschulen, Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Unter dem Namen Plattform.Macher entsteht beispielsweise gerade ein lokales Netzwerk mit dem Zweck des Erfahrungsaustauschs zwischen handelnden Personen in B2B-Plattformunternehmen. Die Initiative wurde initiiert durch die wind-turbine GmbH, des Co-Working Space Kinzig Valley und der Hochschule Karlsruhe. Der Wissensaustausch findet im Rahmen regelmäßiger Treffen eines wachsenden Teilnehmerkreises statt. Das erste im Netzwerk erarbeitete Ergebnis ist ein gemeinsamer Förderantrag der wind-turbine und der Hochschule Karlsruhe für das Innovationsprogramm für Geschäftsmodelle und Pionierlösungen (BMWi, 2019g) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Neben technisch oder strategisch geprägten Gemeinschaftsprojekten kann die Verzahnung mit der Wissenschaft die Attraktivität regionaler mittelständischer Unternehmen als Arbeitgeber für Absolventen verbessern. Eine entsprechende Förderrichtlinie könnte zum Aufbau und Betrieb temporärer Innovations-Hubs im Rahmen regionaler Verbundprojekte aufrufen.

Herausforderungen in der Implementierung örtlicher Netzwerke bestehen in der Gestaltung eines tragfähigen Setups vor Ort, des gegebenenfalls notwendigen Aufbaus technischer Infrastruktur und der administrativen Organisation dezentraler Entscheidungsprozesse. Als Initiative auf Landesebene, die diese Herausforderungen weitgehend gemeistert hat, nimmt das Cyber Valley in Baden-Württemberg eine Vorbildfunktion ein. In Zusammenarbeit mit der Max Planck Gesellschaft, Fraunhofer und den Universitäten in Tübingen und Stuttgart wurde ein international führendes Cluster zum Thema Künstliche Intelligenz geformt. Zusätzlich zum starken Forschungsprofil sorgt das Partnernetzwerk, bestehend aus ansässigen Industrieunternehmen und Startups für Praxisnähe und Transfer. Um nachhaltigen Wandel zu ermöglichen, müssten insbesondere Netzwerke für erfolgversprechende Cluster in den neuen Bundesländern identifiziert und gefördert werden.

Plattform-Agentur als Entwicklerin von digitalen Bausteinen

Beim Auf- und Ausbau digitaler Plattformen handelt es sich um komplexe Vorhaben. Dies gilt insbesondere für technologieintensive Innovationsplattformen, wie beispielsweise die dargestellten industriellen IoT-Plattformen. Die Ressourcen einzelner mittelständischer Unternehmen reichen meist nicht aus, um mit dieser Komplexität umzugehen und diese Art von Plattformen zu etablieren. Auch der Joint-Venture-Ansatz des ADAMOS-Netzwerks zeigt keinen replizierbaren Lösungsweg auf. Statt des Aufbaus einer eigenen IoT-Plattform werden im Konsortium mit Store und Hub zwei digitale Produkte mit geringerer Technologietiefe entwickelt.

Diese Situation ist kritisch zu betrachten, da insbesondere Innovationsplattformen strukturgebenden Charakter für die Entwicklung digitaler Produkte und Dienstleistungen in ganzen Industriezweigen haben können. Auch die großen US-amerikanischen und chinesischen Plattformunternehmen haben die Potenziale im Betrieb digitaler Infrastrukturen im industriellen Kontext erkannt und drängen – meist über Entwicklungspartnerschaften – auf den nationalen Markt.

Ein Lösungsansatz zur Bewältigung der Komplexität auf dem Weg zu industriespezifischen Innovationsplattformen – ohne auf internationale Akteure angewiesen zu sein – liegt im Aufbau einer Plattform-Agentur. Ziel dieser Agentur wäre es, in enger Zusammenarbeit mit Akteuren aus der Wirtschaft anschlussfähige technische Schlüsselkomponenten für digitale Infrastrukturen industrieller und sektoraler Innovationsplattformen zu entwickeln und bereitzustellen.

Software und Algorithmen könnten von der Agentur im Open-Source-Format veröffentlicht werden. Mittels nutzerzentrierter Verfahren wie Design Thinking Workshops würde Bedarf für digitale Infrastruktur in mittelständisch geprägten Märkten erkannt und adressiert werden (z.B. SSO oder ID-Komponenten). Dabei wird Quellcode grundsätzlich frei zugänglich gemacht. Damit würde dem Grundsatz entsprochen, dass öffentlich geförderte und entwickelte Software auch der Öffentlichkeit und der breiten Masse der Software-Entwickler zur Verfügung gestellt wird, wie zum Beispiel von der Free Software Foundation Europe (FSFE, 2020) gefordert und in Positionspapieren großer deutscher Parteien berücksichtigt (t3n, 2019). Außerdem würden deutsche öffentliche und staatliche Interessen von Anfang an mit aufgenommen. Dies könnte auf lange Sicht zusammen mit Projekten wie GAIA-X eine größere Unabhängigkeit von bisher weit verbreiteten Open-Source-Systemen wie dem Linux Betriebssystem oder GitHub etablieren, welche trotz der öffentlichen Zugänglichkeit von Quellcodes de facto von US-amerikanischen Unternehmen wie Microsoft, IBM, Google oder Oracle dominiert werden. Als Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung eines Open-Source-Softwareprojekts kann die Entwicklung und Verbreitung der deutschen Corona-Warn-App angesehen werden. Allerdings würden anders als bei der Corona-Warn-App im Falle der Plattform-Agentur nicht Wirtschaftsunternehmen, sondern die Agentur selbst Softwarebausteine für Plattforminfrastrukturen entwickeln. Neben der initialen Entwicklung könnte die Plattform-Agentur sich auch dem aktiven Community-Management zur Weiterentwicklung des Codes annehmen. Durch öffentliche Akteure entwickelte Software erhalten von gesellschaftlichen Initiativen wie dem Chaos Computer Club besondere Aufmerksamkeit. Explizite Kollaboration mit derartigen Initiativen können zentral entwickelte Software einer umfassenden Überprüfung zuführen, die KMU als spätere Nutzer aufgrund mangelnder Ressourcen selbst nicht erbringen könnten. Offener Zugang zu technischer Infrastruktur sowie stärkere Vernetzung digitaler Akteure mit traditionellen KMU - zwei Themen die im Rahmen des Policy Co-Creation Workshops diskutiert wurden - können durch die Agentur damit direkt unterstützt werden.

Als organisationale Vorbilder für die Plattform-Agentur können der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr und der health innovation hub des Bundesministeriums für Gesundheit dienen. Diese Hubs beschäftigen interdisziplinäre Teams und mit klarem Mandat zur Initiierung innovativer Projekte, unterstützt durch das jeweilige Ministerium. In diesem Zusammenhang gilt es, eng mit anderen Infrastrukturgebern, wie der bereits existierenden International Data Spaces Association des Fraunhofer-Instituts oder der entstehenden Cloud-Infrastruktur GAIA-X, zusammenzuarbeiten, um bestehende und entstehende Lösungen nicht bloß zu replizieren.

Die Bereitstellung relevanter Software-Komponenten kann mittelständischen Unternehmensverbünden, einzelnen KMU sowie Startups den unabhängigen Aufbau digitaler Infrastrukturen ermöglichen. Über freien Zugang (Open Source), Nutzungsvereinbarungen und Lizenzmodelle mit der Agentur können Offenheit im Umgang mit Daten und Transparenz in der technischen Einbettung im Plattformdesign verankert werden.

Als öffentliche Institution verfügt die Agentur über die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen, um umfangreiche Softwareprojekte umzusetzen und neue Standards zu etablieren. Einheitliche Schnittstellen, insbesondere in Bezug auf Nutzerprofile, wurden im Rahmen der Experteninterviews und des Policy Co-Creation Workshops mehrfach als unterstützender Faktor für eine schnelle Skalierung durch einfache Anschlussfähigkeit genannt.

Neben der zentralen Unterstützung beim Aufbau digitaler Infrastrukturen kann die Plattform-Agentur aktiv Wissensvermittlung und -transfer fördern. In gemeinsamen Projekten mit Akteuren aus Wissenschaft und Wirtschaft werden beispielsweise Methoden des agilen Projektmanagements oder Design Thinkings angewandt und vermittelt. Partizipierende Unternehmen können daraufhin als Multiplikatoren in den eigenen Netzwerken wirken und einen breiteren Wandel durch Verständnis digitaler Innovationen vorantreiben. Die Agentur könnte als eigenständige Abteilung einem Ministerium angegliedert werden. Die Kompetenzen im Team sollten technische, praktische, rechtliche und politische Expertise umfassen, um das Spektrum von Plattformdesign bis -implementierung abzubilden.

Offene Fragen der Trägerschaft und Finanzierung (staatlich, nicht-staatlich, privat/staatlich) sowie das Wirken der Plattform-Agentur auf Marktmechanismen und Wettbewerbsregeln stellen zu überwindende Herausforderungen dar. Des Weiteren müsste die Überführung und Einbettung der technischen Komponenten auf Firmenebene gewährleistet werden. Das Auslesen und Bewerten von Daten müsste in den Firmen angelernt und könnte durch Dashboards erleichtert werden. Übergangsphasen von der Implementierung und Justierung hin zur aktiven Nutzung könnten je nach Digitalisierungsgrad der Firmen unterschiedliche organisatorische Auswirkungen haben und zeitaufwendig sein. Hier könnten Begleitprogramme vor Ort eine Unterstützung darstellen.

Weitere Handlungsfelder

Handlungsbedarf besteht auch in diversen weiteren Bereichen. Im Folgenden werden Handlungsfelder für Policy-Maßnahmen benannt, die von der Studie identifizierte Hindernisse adressieren, die jedoch breiter und unspezifischer ausfallen als in den vorgenannten Fällen der Plattforminnovation vor Ort und der Plattform-Agentur.

Förderung des flächendeckenden Breitbandausbaus

Als Einschränkung für Plattforminnovation in der Fläche wurde der mangelhafte Breitbandausbau identifiziert. Entweder ist die Breitbandausstattung so schwach, dass sie es nicht erlaubt, notwendige IT-Infrastruktur einsetzen zu können, oder ausreichend für existierende rechenstarke Programme in aktuellen Prozessen, jedoch zu schwach für den Einsatz weiterer Anwendungen. In diesem Fall würden Firmen nach einer Kosten-Nutzen-Abwägung ihr Breitband für existierende Anwendungen nutzen, aber nicht in Innovationen investieren. Erwartbar stellt mangelnde Breitbandinfrastruktur ein Problem besonders bei der Anbindung von ländlichen Anbietern und Nutzern dar. Daher ist der Infrastrukturausbau eng mit dem Erreichen der Zielgruppe verbunden. Zwei Auszüge aus den Experteninterviews bestätigen dies:

Der flächendeckende Breitbandausbau ist bekanntermaßen schon lange ein Ziel der deutschen Digitalpolitik. Um die spezifischen Bedarfe von MPO zu adressieren wäre es vor allem sinnvoll, existierende Programme wie das Sonderprogramm zum Breitbandausbau in Gewerbegebieten des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zu erweitern und zu verfeinern. Kommunen können in Zusammenarbeit mit Repräsentanten der lokalen MPO und der örtlichen Digitalwirtschaft gezielte, langfristig organisierte Ausbaumaßnahmen anstoßen. Dabei kommt es darauf an, dass MPO Möglichkeiten bekommen, ihren Bedarf konkret und aktiv zu kommunizieren, damit darauf basierend zugeschnittener und kosteneffizienter Infrastrukturausbau geleistet werden kann. Ähnlich wie beim Maßnahmenpaket „Plattforminnovation vor Ort" können existierende regionale Kompetenzzentren für den Breitbandausbau mit Verbänden und Kompetenzzentren zur Digitalisierung des Mittelstands zusammenarbeiten.

Anpassung von Plattform-Regulierung an B2B und vereinfachte Compliance

Dass oftmals regulatorische Rahmenwerke im B2B-Bereich Anwendung finden, die im Sinne des Schutzes der Endkonsumenten für B2C-Plattformunternehmen entwickelt wurden, stellt mittelständische Unternehmen vor große administrative Herausforderungen. In den Interviews und Fallstudien wurde darüber hinaus angemerkt, dass das deutsch-europäische Steuerrecht die intermediäre Rolle der Plattformen teilweise unzureichend abbildet. Als Beispiel wurden in Gesprächen mit VertreterInnen der ADAMOS GmbH die komplexen Anforderungen zur Abführung der Umsatzsteuer durch Plattformbetreiber genannt. Dies trifft insbesondere auf Abonnementmodelle für Applikationen zu, die von Maschinenbauern angeboten und von Maschinenbetreibern genutzt werden. Im Vergleich zu einer direkten Transaktion zwischen zwei Parteien, wie beim Verkauf einer Fertigungsmaschine, tritt der Plattformanbieter im Fall eines Abonnements als Intermediär auf und verantwortet die Zahlungsabwicklung. Mit steigenden Transaktionszahlen gestaltet sich allerdings die Automatisierung administrativer Prozesse, beispielsweise der Zahlungsabwicklung und Umsatzsteuerabfuhr, für MPO immer schwieriger. Dabei kommt der höhere Individualitätsgrad der Vertragsbeziehungen auf B2B-Plattformen im Vergleich zum B2C-Segment zum Tragen.

In den Fallstudieninterviews wurden zwei Möglichkeiten dieses Problem zu adressieren angeregt. Erstens könnten steuerrechtliche Vorgaben generell vereinfacht und harmonisiert werden, zum Beispiel im Kontext der komplexen Abrechnung von Umsatzsteuer bei der Rechnungsstellung an ausländische Anbieter. Zweitens könnten gesonderte steuerrechtliche Vorgaben für digitale Plattformen entwickelt werden, die ihrem Intermediär-Status und der damit einhergehenden Teilverantwortung für Transaktionen gerecht werden. So könnten MPO innerhalb der ersten Jahre nach Markteintritt oder bis zu einer festgelegten Umsatz- oder Transaktionsgrenze von der Umsatzsteuerpflicht befreit werden, ähnlich wie im Fall der Kleinunternehmerregelung für Einzelunternehmer. Wie dabei Plattformen sinnvoll unterschieden werden können und welche regulatorischen Anpassungen positive Effekte auf Plattforminnovationen entfalten würden, kann Gegenstand folgender Untersuchungen werden.

Portabilität und zentrale Verwaltung von Nutzer-Accounts

Bestehende große Ökosysteme generieren einen Großteil ihres Werts durch den Bestand an Nutzer-Accounts. Sich im Aufbau befindende Plattformen müssen zunächst einen Bestand von Accounts aufbauen um Netzwerkeffekte realisieren zu können. Um diese Eintrittsbarriere zu verringern, ist es naheliegend, eine staatlich geführte Account-Verwaltung zur Verfügung zu stellen, welche durch eine Agentur (z.B. geleitet durch Helmholtz- oder Fraunhofer-Institute) verwaltet wird. Ziel wäre es, kleine, dezentrale und lokale Plattformen auf die zentralisierte Account-Verwaltung zugreifen zu lassen, um damit Plattform-übergreifende kollektive Netzwerkeffekte zu realisieren. Außerdem könnte eine solche Agentur sektor- und technologiespezifische Standards erstellen und durchsetzen, die die Übertragbarkeit (Portabilität) von Nutzer-Accounts und zugehörigen Daten von einer MPO zur nächsten gewährleisten.

Dieser Ansatz wird in anderen Kontexten bereits verfolgt. Bestehende Angebote wie OpenID oder Verimi stellen Lösungen für das digitale Identitätsmanagement dar, die dabei DSGVO- und Jugendschutz-konform sind. Nutzungsarten und Möglichkeiten der Einbindung dieser Dienste für MPO sowie deren Governance-Struktur konnten in dieser Studie nicht erörtert werden. Es bedarf einer gesonderten Untersuchung dazu, ob diese oder ähnliche Services eine sinnvolle Unterstützung für MPO sein könnten.

Gütesiegel und Selbstverpflichtungen für Offenheit und Transparenz

Offenheit gegenüber gleichwertigen Marktteilnehmern, Unabhängigkeit von Wettbewerbern und Transparenz über Regelsetzungen und Aufnahmekriterien wurden von mittelständischen Plattformbetreibern als Grundlage für die Findung und langfristige Etablierung von Partnerschaften genannt. Orientiert an TÜV oder Trusted Shops für Online-Shops könnte ein Gütesiegel-ähnliches System zur Stärkung von Vertrauen, Transparenz und Unabhängigkeit von MPO dienen.

„Jeder Industriepartner, der eine Plattform aufbaut und den Zugang auch teilweise kontrolliert, schimpft sich teilweise als unabhängige Plattform, aber sie ist gar nicht faktisch unabhängig, weil der Zutritt kontrolliert wird und doch Wettbewerber ausgeschlossen werden. [Ein] Gütesiegel für die Unabhängigkeit, Neutralität von Plattformen mit zu vergeben, das würde uns mega helfen. Das wäre auch ein richtiges Signal.“

Innerhalb des Policy Co-Creation Workshops klang allerdings wenig Zuspruch für diese Maßnahme an. Das Feld der Plattformen sei zu heterogen, um zu sinnvollen Gütesiegeln zu gelangen, da man von Anwendungsfall zu Anwendungsfall neu bewerten und konkrete Regelungen finden müsse. Selbstverpflichtungen der Unternehmen wurden als bessere Option erachtet. Prinzipiell sei es noch nicht der richtige Zeitpunkt, über Gütesiegel feste Standards für Plattformen im Mittelstand zu setzen, da das Feld noch nicht weit genug definiert sei.

Angesichts der widersprüchlichen Perspektiven aus Interviews und Workshop wird weitergehende Forschung ermutigt. Dabei müssten Herausforderungen wie Verallgemeinerbarkeit der Definition von Offenheit und Fairness und zielführende Praktiken (Datennutzung, Governance, klare Regeln und Ziele) erörtert werden.

Direkte finanzielle Förderung für MPO

KMU sichern langfristigen Unternehmenserfolg durch hocheffiziente Prozesse und Organisationsstrukturen. Dadurch können die Unternehmen in vielen Fällen trotz limitierter Ressourcen international wettbewerbsfähige Produkte und Services anbieten. Unsicherheit bezüglich der Höhe einzusetzender Ressourcen und einem eventuellen Misserfolg beim Aufbau digitaler Plattformen widersprechen allerdings diesem Prinzip des effizienten Wirtschaftens. KMU warten oft ab, bis sich Innovationen etabliert haben und das Investitionsrisiko zur Adaption einer neuen Technologie oder einem neuen Geschäftsmodell durch Erfahrungswerte und Kennzahlen anderer bewerten lässt. Die Geschwindigkeitsvorteile, die KMU potenziell durch effiziente Strukturen gegenüber großen Unternehmen in der Entwicklung oder Adaption neuer Innovationen haben könnten, bleiben daher oft ungenutzt.

Um das Investitionsrisiko KMU-getriebener Plattforminnovationen zu reduzieren, könnten grundsätzlich öffentliche Mittel als Anschubfinanzierung eingesetzt werden. Im Rahmen des Policy Co-Creation Workshops wurde der High-Tech Gründerfonds (HTGF) als potenzielles Vorbild für ein staatlich gesteuertes Investitionsinstrument diskutiert. Der HTGF ist aus öffentlichen und privaten Mitteln finanziert und investiert in deutsche Technologiestartups, die bereits in den ersten Finanzierungsrunden aufgrund aufwendiger Technologieentwicklung einen hohen Finanzierungsbedarf haben. Der HTGF verfolgt das Ziel, die Entwicklung zukünftig relevanter Hochtechnologie in Deutschland zu fördern und reduziert mit teil-öffentlichen Investments das Investitionsrisiko privater Kapitalgeber. Damit wird der Problematik Rechnung getragen, dass für private Wagniskapitalgeber allein das Risiko derartiger Investments oft zu hoch ist. Darüber hinaus validiert der HTGF durch einen strukturierten Prüfprozess die Potenziale einer großen Anzahl junger Startups und leistet damit auch einen systemischen Mehrwert im Wagniskapitalmarkt. Damit werden private Frühphaseninvestitionen mit Beteiligung des HTGF attraktiver und es entstehen, so der Ansatz des HTGF, mehr deutsche High-Tech-Startups.

Der Ansatz, Investitionsrisiken durch öffentliche Beteiligung und Bewertung zu reduzieren, könnte auch auf Fördermechanismen für KMU-getriebene Plattforminnovationen übertragen werden. Dem Vorbild des HTGF folgend könnte ein teil-öffentlich finanziertes Investitionsinstrument oder eine neue Komponente des HTGF gezielt MPO fördern, die von KMU bzw. in KMU-Beteiligung initiiert werden. Dadurch könnte das Investitionsrisiko der Plattforminnovation einzelner KMU reduziert und ein neuer Wagniskapitalmarkt eröffnet werden. Allerdings bedürfte eine solche Initiative angesichts der diversen betroffenen Interessen und der komplexen Folgen für Wettbewerb und Marktanreize einer detaillierten Machbarkeitsstudie und Konzeptualisierung.

Fazit

Viele Hürden, viel Potenzial für nachhaltige Innovationen

Zusammenfassung

Die wachsende Bedeutung digitaler Plattformen als Teil eines Wandels ökonomischer Prozesse ist auch im deutschen Mittelstand klar erkennbar. Die Bandbreite der Geschäfts- und Betreibermodelle der 160 identifizierten MPO ist groß und reicht vom Marktplatz für gebrauchte Windkraftanlagen bis zur industrieübergreifenden IT-Architektur für IoT-Anwendungen. MPO sind kein peripheres Phänomen im deutschen Technologiesektor. Bestehende MPO sind außerdem in der Regel solide mit Finanzkapital ausgestattet und konkurrieren erfolgreich um Unternehmer und Wissen.

Der Plattformaufbau und -betrieb ist allerdings nicht einheitlich auf die mittelständische Wirtschaft verteilt. In den meisten Fällen gestaltet er sich langsamer, riskanter und kostenintensiver als von den Beteiligten erhofft, was unüberwindbare Barrieren für den eigenen Betrieb von MPO für den Großteil der KMU bedeutet. Bestehende MPO sind in vielerlei Hinsicht eng mit anderen etablierten und erfolgreichen Unternehmen und bestehenden wirtschaftlichen Zentren verbunden. Etwa drei viertel aller MPO werden nicht von mittelständischen Unternehmen, sondern von Großunternehmen und Startups betrieben. Außerdem besteht bei der Verbreitung von MPO ein Ungleichgewicht zwischen alten und neuen Bundesländern und eine besondere Konzentration in der Hauptstadt Berlin, was allgemeine wirtschaftliche Ungleichgewichte widerspiegelt. MPO finden sich hauptsächlich in drei zentralen technologischen Clustern E-Commerce/Internet, Software/IT und Manufacturing (Fertigung) wieder. MPO könnten insofern die Wirtschaftskraft der bestehenden Industriecluster weiter verfestigen und zeigen derzeit eher geringes Potenzial Digitalisierungsvorteile in die Breite des Mittelstands zu tragen.

Der Aufbau und Betrieb insbesondere von technologielastigen Innovationsplattformen und IT-Architekturen ist kapitalintensiv. Daher wird dieser Plattformtyp überwiegend von großen Unternehmen und Venture-Capital-finanzierten Startups, nicht aber von mittelständischen Unternehmen aufgebaut. Kollaborative Ansätze aus dem Mittelstand, wie beispielhaft im Fall ADAMOS dargestellt, sind die Ausnahme. Als entscheidende Einflussfaktoren auf diese Situation wurden im Rahmen dieser Studie Unabhängigkeit und Selbstverständnis des Mittelstands, Ressourcenmangel sowie der Umgang mit der speziellen Marktsituationen im B2B-Bereich identifiziert.

Unabhängigkeit und Selbstverständnis des Mittelstands – Eine geringe digitale Reife und kulturelle Anschlussfähigkeit von traditionellen Unternehmen hemmen sowohl die Partizipation auf bestehenden Plattformen als auch die Initiierung neuer Plattforminnovationen. Insbesondere im Bereich digitaler B2B-Marktplätze werden Unabhängigkeit und Offenheit seitens Betreiberunternehmen hohe Relevanz beigemessen.

Ressourcenmangel – Aus den qualitativen Analysen ging hervor, dass der Zugang zu kritischen Ressourcen technischer, personeller und monetärer Art entscheidend für den MPO-Erfolg ist. In einer differenzierten Betrachtung der Plattformtypen nach Innovations- und Transaktionsplattformen zeigt sich, dass Ressourcenmangel insbesondere den Aufbau von Innovationsplattformen beeinflusst. Transaktionsplattformen, beispielsweise Marktplätze, sind oft weniger technologielastig, wodurch Entwicklungskosten und -aufwand geringer ausfallen.

Marktsituation im B2B-Bereich – Die meist industrielle und durch B2B-Geschäftsbeziehungen geprägte Marktsituation, in der sich mittelständische Unternehmen in Deutschland oft befinden, birgt Herausforderungen für Plattforminnovationen. Zu nennen sind hier beispielsweise langjährige Geschäftsbeziehungen zwischen wenigen Akteuren oder hohe Individualisierungsanforderungen bei Transaktionen.

Die gewonnenen Erkenntnisse zu Einflussfaktoren wurden in den Fallstudien zu ADAMOS, Siemens MindSphere und wind-turbine bestätigt und illustriert. Die drei analysierten Unternehmen unterscheiden sich in ihren Anwendungsfällen und Geschäftsmodellen teils deutlich. Dennoch vereint die Unternehmen ein aktives Community-Management, die starke Einbindung von Intermediären für das Onboarding von Nutzern und eine große Anpassungsfähigkeit in der strategischen Ausrichtung.

Plattforminnovation vor Ort nahbar zu machen bedeutet unterrepräsentierte Regionen zu adressieren und einen flächendeckenden Ausbau des digitalen Reifegrads in Unternehmen durch dezentrale Initiativen zu fördern. Von den TeilnehmerInnen des Policy Co-Creation Workshops wurde es als erfolgskritisch bewertet, vorhandene Förderprogramme zur Digitalisierung im Mittelstand zu berücksichtigen und regionale Akteure zu integrieren.

Um Hindernisse durch traditionelle Marktstrukturen und knappe Ressourcen zu überkommen, kann komplementär zum dezentralem Engagement in einzelnen Regionen zusätzlich eine zentrale Plattform-Agentur eingerichtet werden. Unter öffentlicher Steuerung können so technologische Bedürfnisse erkannt, Softwarebausteine entwickelt und im Open-Source-Format zur Verfügung gestellt werden, um am Markt Chancen aufzuzeigen und Investitionsrisiken durch bereitgestellte Infrastruktur zu reduzieren.

Ausblick

Diese Studie weist Limitationen auf, die wegweisend für Folgeuntersuchungen sein können. Dies umfasst unter anderem, dass im Rahmen der Studie primär einzelne Perspektiven unterschiedlicher Akteure zu MPO als Phänomen herangezogen wurden. In zukünftigen Studien könnte eine tiefergehende Betrachtung unter stärkerer Berücksichtigung technischer Komponenten und der Auswirkungen von MPO auf bestehende sektorspezifische Wertschöpfungsnetzwerke im Mittelstand wertvolle Erkenntnisse liefern. Eine Ausrichtung zukünftiger Forschungsprojekte auf Vergleiche zwischen Industriezweigen würde vermutlich ebenfalls aufschlussreiche Ergebnisse liefern. Daran anschließend könnte die Untersuchung von Unternehmensstrukturen und -konstellationen in größeren Fallzahlen weitere Erkenntnisse zum Aufbau und Erhalt kollaborativer Plattforminnovation liefern.

Die Arbeiten zu dieser Studie wurden vor dem Ausbruch von COVID-19 begonnen und während der Hochphase der Pandemie durchgeführt. Mit der Krise zeigt sich eine zwischenzeitliche Beschleunigung der Digitalisierung in traditionellen Unternehmen. Plattformunternehmen wie Amazon sind in Krisenzeiten in der Lage, schnell Kapazitäten zu erweitern und damit eine bereits dominierende Position zumindest temporär weiter zu stärken. Andere Plattformen wie AirBnB sind negativ von der aktuellen Situation betroffen, wie die Tourismusbranche im Allgemeinen. Eine Analyse digitaler Hackathons zur Entwicklung neuer Produkte und Services (wie z.B. die #WirvsVirus-Initiative der Bundesregierung) zeigt schnell skalierbare Plattformen als dominante Kategorie in der kurzfristigen Reaktion auf die starken Einschränkungen von Risikogruppen und Branchen wie dem Gastgewerbe (Friederici et al., 2020). Ob dieses Phänomen zur Gründung von neuen Plattformunternehmen (auch MPO) führt und wie nachhaltig diese betrieben werden können, bleibt abzuwarten und bedarf weiterer Untersuchung. Bereits vor der Krise haben digitale Plattformen ihr Potenzial zur Veränderung ganzer Branchen und Industrien insbesondere im Konsumgüterbereich gezeigt. Welche Rolle deutsche Mittelständler bei Plattforminnovationen im Kontext der betrachteten MPO in zukünftigen Entwicklungen spielen können, bleibt eine offene Frage.

Kollaborative Ansätze mittelständischer Unternehmen zur Plattforminnovation mit dem Anspruch auf globale Reichweite in Branchen wie dem Maschinenbau können als Blaupause für den Mittelstand allgemein dienen. Öffentliche Förderinstrumente können als Impulsgeber diese Entwicklung begleiten und Anreize schaffen, die Werte nachhaltigen Wirtschaftens, die mittelständische Unternehmen häufig im Kern ihrer Existenz tragen, in einer offenen und inklusiven Plattformökonomie in Deutschland und Europa umzusetzen.

Zusammenfassung

Die Studie untersucht die Verbreitung von mittelstandsorientierten Plattformorganisationen (MPO) in Deutschland und deren Hindernisse und Chancen in der Plattforminnovation. MPO sind Organisationen, die digitale Plattformen anbieten, welche sich auf mindestens einer Marktseite direkt an mittelständische Unternehmen als zentrale Nutzergruppe richten. MPO werden von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) selbst oder von Großunternehmen und Startups betrieben.

Die primären analytischen Ziele dieser Studie sind eine Übersicht zu bereits existierenden MPO zu erstellen, sowie fördernde und hindernde Faktoren für deren Aufbau und Skalierung zu identifizieren. Das Forschungsdesign umfasst die datenwissenschaftliche Auswertung der Online-Plattform Crunchbase (einer Datenbank von Finanzierungs- und Personal-Profilen von Digitalunternehmen), die Analyse von relevanter Sekundärliteratur, Interviews mit 21 Experten, drei MPO-Fallstudien und einen Co-Creation Workshop zur Einschätzung von Policy-Optionen mit Vertretern aus Forschung und Wirtschaft.

Kernergebnis der Studie ist, dass mittelständische Unternehmen im Sinne dieser Studie das Potenzial haben, von Plattforminnovation zu profitieren, dass es jedoch bisher vor allem Großunternehmen und Startups sind, die MPO aufbauen. Weiche Faktoren, wie die mit Plattform-Ökosystemen verbundene Rollenneufindung, mangelnde Identifikation von KMU mit Plattformen und Unsicherheit um Datensouveränität, -sicherheit und -schutz seitens, sind zentral. Auch harte Faktoren wie mangelnde semantische Standards und Dateninteroperabilität, die Kosten-Nutzen-Frage und knappe finanzielle und personelle Ressourcen sind Kernhindernisse für den Mittelstand. Der Großteil der deutschen MPO (~80%) ist im Business-to-Business-Umfeld (B2B) aktiv. Die Studie zeigt außerdem auf, dass die B2B-Marktsituation sich von der im Business-to-Consumer-Markt (B2C) unterscheidet, insofern als dass Plattformbetrieb und -nutzung nach unterschiedlichen Regeln funktionieren. Es reicht für MPO-Betreiber in der Regel nicht aus, lediglich Plattforminfrastruktur aufzubauen und bereitzustellen um Verbund- und Skaleneffekte zu erreichen. Stattdessen müssen Anbieter und Nutzer aktiv durch den Plattformbetreiber unterstützt und befähigt werden um deren Anschlussfähigkeit zur Plattform zu gewährleisten.

Als Policy-Optionen legt die Studie nahe, die Förderung von Initiativen zur Geschäftsmodell- innovation weiter auszubauen und dadurch Plattforminnovation für mittelständische Unternehmen vor Ort zugänglich zu machen. Zudem wird das Konzept einer Plattform-Agentur vorgeschlagen, welche technische Infrastruktur und Open-Source-Software-Komponenten bereit stellt, deren Bedarf mittels nutzerzentrierter Verfahren im Markt erkannt wurde.

English summary

The project examined the landscape of SME-oriented platform organizations (SPOs) in Germany, as well as obstacles and opportunities for platform innovation. SPOs offer digital platforms that cater directly to small and medium-sized enterprises (SMEs) as a central user group on at least one side of the market. SPOs can be operated by SMEs themselves, by large corporations or by startups.

The primary analytical objectives of this study are to provide an overview of existing SPOs in Germany, and to identify factors that promote or hinder the establishment and scaling of SPOs. The research design combines the evaluation of company data from Crunchbase (a large online repository of financing and personnel networks of digital companies), a review of existing literature, interviews with 21 experts, three case studies and a co-creation workshop to assess policy options with representatives from research and industry.

The core result of the study is that SMEs have the potential to benefit from platform innovation, while so far, most SPOs have been set up by large companies and startups. Soft factors, such as complex role definitions within platform ecosystems, SMEs’ lacking identification with platforms, as well as uncertainty about data sovereignty, security and protection, are central. Hard factors, such as lacking semantic standards and data interoperability, cost-benefit issues, and scarce financial and human resources, also represent important obstacles for SPOs. The majority of German SPOs (~80%) are active in the business-to-business (B2B) environment. The study shows that the B2B market differs from the business-to-consumer (B2C) one, in that both platform operation and usage patterns differ. It is not enough for SPOs to simply build and deploy platform infrastructure to achieve economies of scale and connectivity: platform operators must instead actively support and enable complementor and user relationships.

As policy options, the study suggests to further expand the promotion of initiatives for business model innovation and thereby make platform innovation accessible to SMEs across the country. The study also proposes to establish a platform agency with the mandate to build technical infrastructure and provide open source software components that user-centric methods have found to be in demand among SPOs.

Sources

Amit, R., & Han, X. (2017). Value Creation through Novel Resource Configurations in a Digitally Enabled World. Strategic Entrepreneurship Journal 11(3), 228–242. https://doi.org/10.1002/sej.1256

Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) (2018). German digital industry platforms. Exploit their potential. Avoid unnecessary regulation. Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://english.bdi.eu/publication/news/german-digital-industry-platforms/

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (2019a). Mittelstand-Digital. Strategien zur digitalen Transformation der Unternehmensprozesse. Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Mittelstand/mittelstand-digital.pdf?__blob=publicationFile&v=47

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (2019b). Vernetzte Wertschöpfung, Themenheft Mittelstand-Digital. Abgerufen am 25. Juni 2020, von https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Mittelstand/mittelstand-digital-vernetzte-wertschoepfung.pdf?__blob=publicationFile&v=9

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (2019c). Impulse: Germany’s evolving platform landscape. Abgerufen am 22. Januar 2020, von https://www.plattform-i40.de/PI40/Redaktion/EN/Downloads/Publikation/Germanys-evolving-platform-landscape.pdf?__blob=publicationFile&v=5

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (2019d). Vernetzte Wertschöpfung, Plattformen, Wertschöpfungsnetzwerke und die Blockchain für Prozess- und Geschäftsmodellinnovationen. Themenheft 12 Mittelstand-Digital. Abgerufen am 29. Juni 2020, von https://www.mittelstand-digital.de/MD/Redaktion/DE/Publikationen/Wissenschaft-trifft-Praxis/magazin-wissenschaft-trifft-praxis-ausgabe-12.pdf

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (2019e). Digitale Geschäftsmodelle für die Industrie 4.0. Abgerufen am 25. Juni 2020, von https://www.plattform-i40.de/PI40/Redaktion/DE/Downloads/Publikation/digitale-geschaeftsmodelle-fuer-industrie-40.pdf?__blob=publicationFile&v=7

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (2019f). Wachstumspfade bei der Digitalisierung von Geschäftsmodellen in Industrieunternehmen. Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.plattform-i40.de/PI40/Redaktion/DE/Downloads/Publikation/Wachstumspfade-Digitalisierung-Gesch%C3%A4ftsmodelle.pdf?__blob=publicationFile&v=7

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (2019g). Altmaier: „Rückenwind für digitale Pioniere in Deutschland!“ - Erster Förderaufruf für digitale und nicht-technische Innovationen startet. Abgerufen am 24. September 2020, von https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2019/20191217-altmaier-rueckenwind-fuer-digitale-pioniere-in-deutschland.html

Blondel, V. D., Guillaume, J. L., Lambiotte, R., & Lefebvre, E. (2008). Fast unfolding of communities in large networks. Journal of statistical mechanics: theory and experiment, 2008(10), P10008.

Bonaventura, M., Ciotti, V., Panzarasa, P., Liverani, S., Lacasa, L., & Latora, V. (2020). Predicting success in the worldwide start-up network. Scientific Reports 10(345). https://doi:10.1038/s41598-019-57209-w

Braesemann, F., & Baum, A. (2020). PropTech: Turning real estate into a data-driven market? Saïd Business School Working Paper. Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.sbs.ox.ac.uk/sites/default/files/2020-05/PropTech%20Turning%20real%20estate%20into%20a%20data-driven%20market.pdf

Die Bundesregierung (2018). Strategie Künstliche Intelligenz der Bundesregierung. Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.bmbf.de/files/Nationale_KI-Strategie.pdf

Busch, C. (2019). Der Mittelstand in der Plattformökonomie. Mehr Fairness für KMU auf digitalen Märkten, Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung. Abgerufen am 22. Januar 2020, von http://library.fes.de/pdf-files/wiso/15493.pdf

Chang, S. J. (2004). Venture capital financing, strategic alliances, and the initial public offerings of Internet startups. Journal of Business Venturing, 19(5), 721-741. https://doi.org/10.1016/j.jbusvent.2003.03.002.

Dalle, J. M., den Besten, M. & Menon, C. (2017). Using Crunchbase for economic and managerial research. OECD Science, Technology and Industry Working Papers 2017(08). https://doi.org/10.1787/6c418d60-en.

Deloitte (2019). Digitale Strategien im Mittelstand - Ökosysteme, neue Geschäftsmodelle und digitale Plattformen. Aus der Studienserie „Erfolgsfaktoren im Mittelstand“. Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.deloitte-mail.de/custloads/141631293/md_1569292.pdf?sc_src=email_3518694&sc_lid=141863811&sc_uid=4oGQcTlVth&sc_llid=450

Eisenmann, T., Parker, G., & Van Alstyne, M. (2011). Platform envelopment. Strategic Management Journal, 32(12), 1270–1285. https://doi.org/10.1002/smj.935

El Sawy, O. A., & Pereira, F. (2013). Digital Business Models: Review and Synthesis. In O. A. El Sawy & F. Pereira (Eds.), Business Modelling in the Dynamic Digital Space: An Ecosystem Approach (S. 13–20). Springer, Berlin, Heidelberg.

European Commission (2013). EU-Empfehlung 2003/361/EG, Official Journal of the European Union, L126(36). Abgerufen am 22. April 2020, von https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=uriserv:OJ.L_.2003.124.01.0036.01.DEU

Free Software Foundation Europe e.V. (FSFE) (2020). Die Free Software Foundation Europe ist ein gemeinnütziger Verein, der Menschen im selbstbestimmten Umgang mit Technik unterstützt. Abgerufen am 24. September 2020, von https://fsfe.org/index.de.html

Fay, A., Gausemeier, J., & ten Hompel, M. (Hrsg.) (2018). Forschungsbeirat Plattform Industrie 4.0. Einordnung der Beispiele der Industrie 4.0 - Landkarte in die Anwendungsszenarien. Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.plattform-i40.de/PI40/Redaktion/DE/Downloads/Publikation/hm-2018-fb-landkarte.pdf?__blob=publicationFile&v=5

Fechtelpeter, C., Heim, Y., Löffler, T., & Niewöhner, N. (2019). Vorstudie zur Entwicklung einer bedarfs- und nutzergerechten Unterstützung von KMU bei der Einführung und Anwendung von Industrie 4.0. Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.plattform-i40.de/PI40/Redaktion/DE/Downloads/Publikation/KMU-Vorstudie.pdf?__blob=publicationFile&v=5

Floridi, L. (2020). The Fight for Digital Sovereignty: What It Is, and Why It Matters, Especially for the EU. Philosophy & Technology, 2020(33), 369-378. https://doi.org/10.1007/s13347-020-00423-6

Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI (2019). Digitale B2B Plattformen in der Industrie: Wo stehen die deutschen Betriebe? Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.isi.fraunhofer.de/de/presse/2019/presseinfo-25-B2B-Plattformen-in-der-Industrie.html

Friederici, N., Meier, P., & Gümüsay, A.A. (2020). An opportunity for inclusion. Digital platform innovation in times of crisis. Pioneers Post. Abgerufen am 24.09.2020, von https://www.pioneerspost.com/news-views/20200616/opportunity-inclusion-digital-platform-innovation-times-of-crisis

Gawer, A. (2014). Bridging differing perspectives on technological platforms: Toward an integrative framework. Research Policy, 43(7). https://doi.org/10.1016/j.respol.2014.03.006

Hoffmann, M. & Schröder, C. (2019). Datenbasierte Geschäftsmodelle - Chancen und Herausforderungen für KMU. Wirtschaftspolitische Blätter 3(2019), 277-288.

Icks, A., Schröder, C., Brink, S., Dienes, C., & Schneck, S. (2017). Digitalisierungsprozesse von KMU im Verarbeitenden Gewerbe, IfM Bonn: IfM-Materialien Nr. 255, Bonn. Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.ifm-bonn.org//uploads/tx_ifmstudies/IfM-Materialien-255_2017_02.pdf

Institut für Mittelstandsforschung (IfM Bonn) (2020). Definition „Mittelstand“ des IfM Bonn. Abgerufen am 28. April 2020, von https://www.ifm-bonn.org/definitionen/

Keen, P., & Williams, R., (2013). Value architectures for digital business: Beyond the business model. MIS Quarterly 37(2013), 643–648.

Kenney, M., Bearson, D., & Zysman, J. (2019). The Platform Economy Matures: Pervasive Power, Private Regulation, and Dependent Entrepreneurs. SSRN Electronic Journal. https://doi.org/10.2139/ssrn.3497974

Kreditbank für Wiederaufbau (KfW) (2018). KfW-Mittelstandsatlas 2018. Regionale Gesichter des Mittelstands: ein Bundesländervergleich. Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-KfW-Mittelstandsatlas/Mittelstandsatlas-2018/KfW-Mittelstandsatlas_2018.pdf

Lehdonvirta, V., Park, S., Krell, T., & Friederici, N. (2020). Platformization in Europe: Global and local digital intermediaries in the retail, taxi, and food delivery industries. Alexander von Humboldt Institut für Internet & Gesellschaft, & Oxford Internet Institute. Abgerufen am 24. September 2020, von https://www.hiig.de/wp-content/uploads/2020/06/Platformization-in-Europe.pdf

Lerch, C., Meyer, N., Horvat, D., Jackwerth-Rice, T., Jäger, A., Lobsiger, M., & Weidner, N. (2019). Die volkswirtschaftliche Bedeutung von digitalen B2B-Plattformen im Verarbeitenden Gewerbe. Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.bss-basel.ch/images/stories/bss-basel/downloads/BSS-Studie_digitale-b2b-plattformen.pdf

Lundborg, M., & Gull, I. (2019). Digitale Plattformen als Chance für den Mittelstand. Abgerufen am 23. Februar 2020, von https://www.mittelstand-digital.de/MD/Redaktion/DE/Publikationen/digitale-plattformen-als-chance.pdf?__blob=publicationFile&v=4

Meier, P. (2018). Digitale Plattformen als Innovationstreiber. In: P. Plugmann (Ed.), Innovationsumgebungen gestalten. Impulse für Start-ups und etablierte Unternehmen im globalen Wettbewerb (S. 207-217). Wiesbaden: Springer Gabler.

Metzger, G. (2017). Digitale Gründer werden ihrer Vorreiterrolle gerecht. KfW Research: Fokus Volkswirtschaft 157. Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-Fokus-Volkswirtschaft/Fokus-Nr.-157-Januar-2017-Digitale-Gründer.pdf

Osterwalder, A., & Pigneur, Y. (2010). Business Model Generation: A Handbook for Visionaries, Game Changers, and Challengers. Hoboken: John Wiley & Sons.

Otto, B., Korte, T., Azkan, C., Spiekermann, M., Lis, D., Gelhaar, J., & Iggena L. (2019). Data Economy Status Quo der deutschen Wirtschaft & Handlungsfelder in der Data Economy, DEMAND Data Economics And Management Of Data Driven Business. Whitepaper 2019. Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.demand-projekt.de/paper/DEMAND-DataEconomicsAndManagementOfDataDrivenBusiness(WhitePaper).pdf

Parker, G. G., Van Alstyne, M., & Choudary, S. P. (2016). Platform Revolution: How Networked Markets Are Transforming The Economy And How To Make Them Work For You. New York: W.W. Norton & Company.

Parker, G. G., & Van Alstyne, M. W. (2018). Innovation, Openness, and Platform Control. Management Science 64(7), 3015-3032, https://doi.org/10.1287/mnsc.2017.2757.

Picard, N., & Hunter, R. (2019). Global Top 100 companies by market capitalisation. PricewaterhouseCoopers (PwC). Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.pwc.com/gx/en/audit-services/publications/assets/global-top-100-companies-2019.pdf

Riemensperger, F., & Falk, S. (2019). Titelverteidiger: Wie die deutsche Industrie ihre Spitzenposition auch im digitalen Zeitalter sichert. München: Münchner Verlagsgruppe GmbH.

Röhl, K.-H. & Rusche, C. (2019). Hidden Champions - die starken aus der zweiten Reihe. Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.iwd.de/artikel/hidden-champions-die-starken-aus-der-zweiten-reihe-424550/

Schallmo, D. (2013). Geschäftsmodelle erfolgreich entwickeln und implementieren. Wiesbaden: Gabler Verlag/Springer Berlin Heidelberg.

Schreier, M. (2014). Varianten qualitativer Inhaltsanalyse: Ein Wegweiser im Dickicht der Begrifflichkeiten. Forum: Qualitative Sozialforschung 15(1). http://dx.doi.org/10.17169/fqs-15.1.2043

Software AG (2017). Weltmarktführer bündeln Kräfte. Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.softwareag.com/de/company/adamos/default.html

Statistisches Bundesamt (2019). Bruttoinlandsprodukt - preisbereinigt, verkettet - 1991 bis 2019 (Wirtschaftswachstum) (WZ 2008). Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.statistik-bw.de/VGRdL/tbls/tab.jsp?rev=RV2019&tbl=tab02&lang=de-DE

Van Dijck, J., Poell, T., & Waal, M. de. (2018). The Platform Society. Oxford: Oxford University Press.

Wrobel, M., & Nicolai, A. T. (2019). Digitale Innovation im Mittelstand - Fallbeispiele erfolgreicher Digitalisierungsprojekte. Berlin: Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft. Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.hiig.de/wp-content/uploads/2019/03/Digitale-Innovation-im-Mittelstand.pdf

Zimmermann, V. (2018). Unternehmensbefragung 2018. Digitalisierung nimmt Fahrt auf. Abgerufen am 17. Juli 2020, von https://www.kfw.de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumente-Unternehmensbefragung/Unternehmensbefragung-2018-%E2%80%93-Digitalisierung.pdf

t3n (2019). Parteitagsbeschluss: CDU setzt bei Software-Förderung auf Open Source. Abgerufen am 24. September 2020, von https://t3n.de/news/parteitagsbeschluss-cdu-setzt-1226572/

Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) (2019). Plattformen – Infrastruktur der Digitalisierung. Studie Januar 2019. Abgerufen am 26. Juni 2020, von https://www.vbw-bayern.de/Redaktion/Frei-zugaengliche-Medien/Abteilungen-GS/Wirtschaftspolitik/2019/Downloads/Plattformen-Infrastruktur-der-Digitalisierung_final_neu.pdf

Anhänge

Anhang I

Medium/ AutorInnen Veröff. Art der Quelle Titel Link der Quelle Kernaussagen Zugriff

Accenture

2016

Bericht

Data: The Fuel of the Digital Economy and SME Growth

Beschäftigt sich mit der Rolle von datengetriebenen Geschäftsmodellen im Mittelstand. Außerdem werden Policy-Voraussetzungen formuliert.

07.04.20

Accenture

2016

Bericht

Five ways to win with digital platforms Many new platforms will fail, but small businesses and traditional incumbents can succeed by taking five steps

Identifiziert fünf Schritte mit denen kleine und traditionelle Unternehmen mit Plattformen erfolgreich sein können.

07.04.20

Accenture

2016

Artikel

Platform economy: Driven by real-time processing

Betont die Relevanz von Plattformen für die Innovationskraft der Wirtschaft.

07.04.20

BCG

2018

Artikel

How IoT Data Ecosystems Will Transform B2B Competition

Fokus liegt hier auf der Rolle von Daten Ökosystemen, die dem B2B-Bereich verhelfen können ein neues vielversprechendes Business zu werden.

07.04.20

BDI

2020

Bericht

Deutsche Digitale Plattformen - Auf Deutschlands industrieller Stärke aufbauen. Ein Ökosystem für B2B-Plattformen fördern.

Führt die bisherige Vorstellung dt. Industrieplattformen des BDI von 2019 fort.

23.06.20

BDI

2019

Bericht

Deutsche digitale B2B Plattformen

Vorstellung von 41 dt. digitalen B2B-Plattformen. Definitionen von digitalen Plattformen und Zahlen zur Nutzung von digitalen Plattformen.

07.04.20

BDI

2019

Artikel

Die zweite Plattformrevolution digitale B2B Plattformen made in Germany

Nimmt ein Clustering verschiedener Plattformbereiche vor.

07.04.20

Bitkom

2020

Bericht

Digitale Plattformen, Chartbericht 2020

Arbeitet die Unterschiede zwischen verschiedenen Plattformmodellen heraus & betont die Bedeutsamkeit unterschiedlicher Regulierungs-maßnahmen für die jeweiligen Modelle.

07.04.20

Bitkom

2019

Posi tionspapier

Eckpunkte für eine souveräne Cloudund Dateninfrastruktur in Deutschland und Europa

Fokussiert sich auf die Voraussetzungen für eine europäische Cloud- & Dateninfrastruktur. Im Vordergrund der Diskussion um solche Dateninfrastrukturen steht GAIA-X.

07.04.20

Bitkom

2018

Positionspapier

Digitale Plattformen und ERP

Beleuchtet den Zusammenhang zwischen ERP & Plattformen und welchen Rolle ERP künftig im Rahmen von Plattformen haben werden.

07.04.20

Bitkom

2018

Bericht

IoT-Plattformen aktuelle Trends und Herausforderungen Handlungsempfehlungen auf Basis der Bitkom Umfrage 2018 - Faktenpapier

Konzentriert sich auf die steigende Relevanz von IoT-Plattformen & den damit einhergehenden Handlungsfeldern. IoT-Plattformen werden als unabdingbar für die deutsche Wirtschaft definiert.

07.04.20

Bitkom

2017

Stellungnahme

Digitale Mobilitätsplattformen – Untersuchungen, Meinungsbilder und Reformvorschläge

Setzt den Fokus auf den Bedarf von Mobilitätsplattformen. Der Bedarf wird sowohl für die AnbieterInnen, sowie NutzerInnen dargestellt.

07.04.2020

BMF

2016

Bericht

Fintech-Markt in Deutschland

Stellt die Entwicklung und den Status Quo des dt. Fintech-Marktes dar und gibt Ausblicke in die Zukunft dt. Fintech-Entwicklungen.

07.04.20

BMWi

2019

Bericht

Schlaglichter der Wirtschaftspolitik - Monatsbericht Dezember 2019

Gibt einen Überblick über die wirtschaftl. Lage in DE & die weltweite Wirtschaft.

07.04.20

BMWi

2017

Weissbuch

Weissbuch Digitale Plattformen

Betont die bisher ungewisse Entwicklung von B2B-Plattformen & stellt unter anderem die Wichtigkeit von Netzwerkeffekten & die flächendeckende Digitalisierung dt. Unternehmen heraus.

07.04.20

BMWi - Kommission Wettbewerb 4.0

2019

Bericht

Ein neuer Wettbewerbsrahmen für die Digitalwirtschaft

Im Rahmen der Kommission Wettbewerbsrecht 4.0 werden hier besonders der Aspekt der Plattformregulierung und die Relevanz von Datenzugang thematisiert.

07.04.20

BMWi - Mittelstand Digital

2019

Magazin

Vernetzte Wertschöpfung - Mittelstand Digital Magazin Ausgabe 12

Beantwortet Fragen im Kontext von Mittelstand & Blockchain, Plattformisierung & Wertschöpfungsnetzwerken.

07.04.20

BMWi - Mittelstand Digital

2019

Themenheft

Vernetzte Wertschöpfung - Themenheft Mittelstand-Digital

Fokussiert sich auf die Rolle von Wertschöpfung im Mittelstand & stellt die Rolle von Standards heraus.

07.04.20

BMWi - Mittelstand Digital

2019

Studie

Digitale Plattformen als Chance für den Mittelstand - Relevanz, Anwendungen, Transfer

Unterstreicht die Chancen von KMU durch digitale Plattformen & identifiziert welche Anwendungsbereiche für KMU geeignet sind.

07.04.20

BMWi - Plattform Industrie 4.0

2019

Bericht

Die volkswirtschaftliche Bedeutung von digitalen B2B-Plattformen im Verarbeitenden Gewerbe

Unterscheidung zw. Transaktionsplattfomen & IoT-Serviceplattformen in der Industrie; Innovationsund Dienstleistungs-Neigung für digitale B2B-Plattformen. Gesamtwirtschaftliche Perspektive digitaler B2B-Plattformen: Bedeutung für die Bruttowertschöpfung und Fazit zur gesamtwirtschaftlichen Betrachtung.

07.04.2020

BMWi - Plattform Industrie 4.0

2019

Bericht

Digitale Geschäftsmodelle für die Industrie 4.0

Betont die Stärke der dt. Industrie 4.0 & identifiziert Geschäftsmodelle für die zukünftige Industrie 4.0 & formuliert Empfehlungen für die Zukunft.

07.04.20

Bundeskartellamt

2016

Arbeitspapier

Marktmacht von Plattformen und Netzwerken

Fokussiert sich auf den Einfluss von Plattformen & Netzwerken auf die Wettbewerbspolitik.

07.04.20

B20

2017

Artikel

"SMEs as a Platform for inclusive economies" by Ece Idil Kasap, director of online solutions at the world SME forum.

Fokussiert sich besonders auf die Hindernisse von SMEs im Kontext von Wirtschaftswachstum & neuen Technologien.

07.04.20

B20 (G20)

2017

Bericht

Fact sheet B20 (G20 summit 2017 - Germany) http://www.worldsmeforum.org/wp-content/uploads/2016/12/2016-30-11_B20-Factsheets_all.pdf

Fast die Arbeit der B20, in ihren verschiedenen Arbeitsgruppen zusammen. Innerhalb derer sie sich u.a.mit den Entwicklungen des digitalen Handels & SMEs beschäftigen.

07.04.20

CIO IDG Business Media

2020

Artikel

Einheitliche Plattform - Lufthansa bündelt Systeme in der Google-Cloud ,3626318

Beschreibt die Entstehung der Lufthansa Google Cloud & deren Funktionen.

07.04.20

Deloitte

2019

Bericht

Wie mittelständische Unternehmen von neuen Business-Ökosystemen und digitalen Plattformen profitieren können

Macht die Spannungsfelder & Hindernisse des Mittelstandes in Bezug auf Plattformisierung deutlich.

07.04.2020

Deloitte

2019

Artikel

Digitale Strategien im Mittelstand: Chancen und Heraus­forderungen

Leitet in den dazugehörigen Bericht ein. Außerdem definiert er vier Rollen des Mittelstandes in Ökosystemen.

07.04.20

European Commission

2020

Bericht

Towards a European strategy on business-to-government data sharing for the public interest

Thematisiert die Rolle von data sharing von Plattformen im Kontext von staatl. Institutionen.

07.04.20

FES

2019

Studie

Der Mittelstand in der Plattformökonomie - Mehr Fairness für KMU auf digitalen Märkten http://library.fes.de/pdf-files/wiso/15493.pdf

Arbeitet die Chancen für KMU durch Plattformen heraus, gleichzeitig identifiziert sie aber fünf Problemfelder die sich durch Plattformen für KMU ergeben.

07.04.20

FES

2018

Studie

Plattformökonomie als Organisationsform zukünftiger Wertschöpfung - Chancen und Herausforderungen für den Standort Deutschland http://library.fes.de/pdf-files/wiso/14756.pdf

Betont, dass der industrielle Zweig sich der Plattformwirtschaft nicht entziehen kann. Gleichzeitig aber auch, dass nicht jede Industrie gleichermaßen dafür geeignet ist.

07.04.20

FAZ

2020

Artikel

Mittelstand verliert immer mehr an Innovationskraft

Unterstreicht die Innovationsrückstände des dt. Mittelstandes bezogen auf das jährliche KfW Mittelstandspanel.

07.04.20

FT

2020

Artikel

The Apple effect: Germany fears being left behind by BigTech

Betont die dominante Rolle amerikanischer Unternehmen & das Fehlen von Venture Capital in Deutschland.

07.04.20

FT

2020

Artikel

Letter: Mittelstand companies just get on with things

Beschäftigt sich mit der voranschreitenden Digitalisierung von traditionsreichen dt. Industrieunternehmen.

07.04.20

FT

2020

Artikel

Transcript: ‘Europe is no longer at the centre of world events’

Fasst ein Interview mit Angela Merkel zusammen, in dem sie die Herausforderungen der Digitalisierung für die dt. Herstellungsindustrie betont & gleichermaßen die Chancen die damit einhergehen. Sie verteidigt ebenfalls die dt. Startup Kultur & fokussiert sich hier auf demografische Probleme.

07.04.20

Handelsblatt

2020

Artikel

Ein Amazon für Geschäftskunden: Industriekonzerne bauen eigene Plattformen

Fokussiert sich auf den Aspekt der Traditionen innerhalb der Stahl-, sowie Chemiebranche & beschreibt die Gründung von XOM Materials.

07.04.20

Handels_ blatt Tagung 2019

2019

Programm

Plattform Ökonomie - Digitale Plattformen schaffen neue Marktstrukturen http://work.euroforum.de/data/pdf/P1200813.pdf

Zeigt verschiedene Konzentrationen der deutschen Plattformwirtschaft auf.

07.04.20

Hannover Messe

2020

Website

Hannover Messe: Home of Industrial Pioneers

Stellt neben zahlreichen Ausstellern, industrie relevante Beiträge zur Verfügung.

07.04.20

IW (Köln)

2018

Bericht

Digitale Plattformen – noch ein B2C-Geschäft

Setzt den Fokus auf die Rolle der Nutzer von Online-Plattformen.

07.04.20

IW (Köln)

2018

Bericht

The Economics of Platforms

Analysiert die Gründe warum Plattformen so erfolgreich sind & welche Business-Modelle hinter Plattformen stehen.

07.04.20

KfW

2019

Studie

KfW-Mittelstandspanel 2019

Macht die Abhängigkeit des Mittelstands gegenüber der fortschreitenden Rolle des E-Commerce deutlich & untermauert diese mit Umsatzzahlen.

07.04.20

Kollmann, T. & Schmidt, H.

2016

Buch

Deutschland 4.0 - Wie die Digitale Transformation gelingt

Beschäftigt sich mit der übergreifenden Digitalisierung der dt. Wirtschaft, dennoch spielen Plattformen als Innovationstreiber eine große Rolle.

07.04.20

Marke 41: das neue Journal für Marketing

2019

Artikel

Der deutsche Mittelstand – Aufbruch in das digitale Zeitalter?

Es werden besonders die bisherigen Schwachstellen des Mittelstandes identifiziert und Lösungsansätze diskutiert.

07.04.20

MIT Sloan

2020

Artikel

The Future of Platforms: Platforms power the world’s most valuable companies, but it will get harder and harder to capture and monetize their disruptive potential.

Betont die umfassende Position von bereits etablierten Online Plattformen. Gleichzeitig werden aber auch die Herausforderungen und Voraussetzungen von erfolgreichen Plattformen präsentiert.

07.04.20

MIT Sloan

2019

Artikel

Three Lessons From Germany’s Platform Economy

Präsentiert den Status-Quo und Fokus der deutschen B2B Plattform- ökonomie.

07.04.20

MIT Sloan

2017

Artikel

Why Some Platforms Are Better Than Others: Although successful digital platforms can deliver remarkable value to users and riches to entrepreneurs and investors, in some sectors it isn’t clear that anyone will turn a profit.

Präsentiert die Stärken und Schwächen von Plattformen in unterschiedlichen Bereichen.

07.04.20

Noah Conference Berlin

2020

Konferenz

Connecting European Champions and Challengers

Europäische Tech-UnternehmerInnen Konferenz mit einem Fokus auf Plattformunternehmen.

07.04.20

Platform Economy Summit

2020

Konferenz

Accelerating Economic Recovery with Platform & Ecosystem Strategies

Im Rahmen des Platform Economy Summits diskutieren ExpertInnen Themen der Plattform- ökonomie & es werden u.a. Erfolgreiche Plattformmodelle präsentiert.

07.04.20

Riemensperger, F. & Falk, S.

2019

Buch

Titelverteidiger Wie die deutsche Industrie ihre Spitzenposition auch im digitalen Zeitalter sichert

Analysiert die Digitalisierung der dt. Industrie & arbeitet die Notwendigkeit heraus, dass die dt. Industrie sich den neuen Technologien öffnet.

07.04.20

WEF

2020

Paper

Share to Gain: Unlocking Data Value in Manufacturing

Konzentriert sich auf Plattformen als erfolgreiche Data-Sharing Technologie und bisher existierende Manufacturing Beispiele in diesem Kontext.

07.04.20

Anhang II

Anhang II. gibt die Zusammenfassung aus den drei Gruppen des Policy-Co-Creation-Workshops wieder. TeilnehmerInnen wurden ihrer Expertise entsprechend zu den Diskussionsthemen 1) Plattform-Agenturen und Anschubfinanzierung, 2) Konsortialpartnerschaften und Gütesiegel sowie 3) Regionale Förderung und technisches Talent aufgeteilt. Inhalte werden im Folgenden anonymisiert wiedergegeben.

Diskussion 1 – Plattform-Agenturen und Anschubfinanzierung

„Alle wollen baden gehen, aber niemand will den Pool bauen." (TeilnehmerIn)

Die Diskussion um den Aufbau einer Plattform-Agentur kreiste um drei Fragen: Wo starten? Wen adressieren? Wie umsetzen?

Wo starten?

In der deutschen Förderlandschaft gibt es bereits viele Initiativen für KMU, die neben Bildungsangeboten rund um das Thema Digitalisierung auch finanzielle Förderungen von unterschiedlichen Digitalinitativen bereitstellen. Allgemein seien Definitionen von KMU sehr groß und vielfältig und damit auch die Breite an möglichen Anknüpfungspunkten für eine Agentur – diese müsse jedoch konkrete Schnittstellen bieten. In Sachen Plattformökonomie stellte die Gruppe fest, dass es noch an Wissen darüber mangele, welche Herausforderung für KMU die größte sei bei der Umsetzung von eigenen Plattformen in ihren Branchen. So beschäftige sich etwa die Maschinenbaubranche bereits tiefgehend mit Plattformen, hingegen sei in anderen Branchen zu beobachten, dass viele KMU vor allem Plattformen nutzen, anstatt aufzubauen. Im ländlichen Raum sei beispielsweise häufig nicht Ideenarmut oder fehlender Innovationsgeist ein Problem, sondern der Mangel an Bandbreite, um ein digitales Geschäft zu betreiben, wie eine Teilnehmerin anmerkte.

Wen adressieren?

Damit schließt sich die Frage der Zielgruppe einer Plattform-Agentur an: Obwohl einige Branchen bereits digitalisieren, gebe es einen großen Querschnitt an Unternehmen, die zwar innovativ – z.B. in der Produktion – seien, aber noch sehr stringenten (analogen) Geschäftsmodellen folgen. Unternehmen mit jüngeren Führungskräften täten sich hingegen deutlich einfacher bei der Umsetzung eines Geschäftsmodells mit digitalem Fokus. Insgesamt fehle es vielen KMU an einer grundlegenden Beurteilungskompetenz neuer Technologien, was dem Innovationspotenzial nicht zuträglich sei. Eine mögliche Lösung dieser Problematik wäre daher, dass die Agentur Ihr Angebot breiter streue und gemeinsam mit Firmen Open Source- und Hands-On-Lösungen für verschiedene Branchen entwickelt und offen für alle zur Verfügung stellt. Ein zur Zeit entstehender Innovations-Hub in Dresden könne hier beispielhaft angeführt werden, ebenso eine Initiative aus Helsinki, die erste Versuche in Finnland unternehme.

Abschließende Diskussion: Wie umsetzen?

Die Debatte um Chancen und Risiken einer möglichen Umsetzung beschäftigten sich mit dem Geflecht zwischen Staat und Markt und dem Verhältnis von Individuallösung und Netzwerkeffekten. Primäres Ziel einer Agentur solle sein, KMUs durch kollaborative und experimentelle Ansätze zu befähigen, die bestehenden großen Plattformen herauszufordern. Zudem herrschte bei den TeilnehmerInnen Einigkeit darüber, dass Lösungsansätze lokal zu verfolgen sind, um regionale, nationale und europäische Synergien zu bilden. Viele deutsche KMU seien „Hidden Champions" in ihren Industrien und bieten hochspezialisierte Lösungen an. Der Aufbau von Plattformen müsse daher die individuellen Bedürfnisse und Expertise der KMU aus diversen Branchen abbilden können. Eine Möglichkeit böte hier die Kollaboration mit lokalen Unternehmensverbänden, die nicht nur gut verankert seien, sondern auch ein bestehendes Sammelbecken für mögliche Kooperationen bieten könne. Bestehende persönliche Verflechtungen seien hier auch bereits auf Unternehmensebene vorhanden und können Kooperationen beflügeln. Auf technischer Ebene wurde die Diskrepanz zwischen Staat und Markt diskutiert: es lässt sich zusammenfassen, dass der Staat mindestens Anreize zur Kooperation schaffen solle. Für viele KMU seien Investitionen in Innovationen häufig noch mit großen finanziellen Risiken verbunden und werden daher stellenweise nicht eingegangen. Durch das Bereitstellen von „Tech-Stacks“ könne der Staat eine Grundlage bieten, auf die private Akteure aufbauen könnten. In Form von Public-Private Partnerships oder Ausgründungen könne der Staat es ermöglichen, „Good Governance“-Kriterien, wie etwa die Daten-Interoperabilität, in Innovationen der Plattform-Agentur zu integrieren.

Diskussion 2 – Konsortialpartnerschaften und Gütesiegel

Die DiskussionsteilnehmerInnen problematisierten zunächst Zweck und Nutzen von Plattformen und besprachen anschließend konkrete Anforderungen bzw. Möglichkeiten des deutschen Mittelstands im Hinblick auf die Policy-Optionen „Konsortialpartnerschaften" und „Gütesiegel“.

Grundlegende Auseinandersetzung mit Plattformen

Es wurde zunächst festgehalten, dass Plattformmodelle meist mit einfachen Geschäftsmodellen operieren und zwischen Angebot und Nachfrage platziert seien – sowohl im B2B-, als auch im B2C-Bereich. An dieser Stelle können bzw. konnten sie ganze Märkte transformieren und in einigen Fällen eine Monopolstellung erreichen, was durch die Skalierbarkeit der jeweiligen Modelle begünstigt wurde. Bei Plattformen in der Produktion – wie sie konkret für den deutschen Mittelstand besprochen werden – könne eine zunehmende Verschiebung von klassischer Warenproduktion hin zu digitalen Dienstleistungen entstehen, was in Gesprächen mit Produktherstellern von diesen als problematisch angesehen werde (Wertekonflikt: Selbstverständnis des Mittelstands). Ebenso wurde angemerkt, dass die Wertschöpfungspotenziale von Plattformen in der Produktion aktuell noch nicht zu erkennen seien. So gebe es zwar in gewissen Branchen einen Effizienzgewinn innerhalb einzelner Produktionsprozesse, aber eben noch keine Generierung neuer, digitaler Wertschöpfung. Diskutiert wurde ebenfalls die Abwanderung von Daten durch externe Anbieter auf Infrastrukturebene (z.B. durch Cloudnutzung) und das damit verbundene Problem der asymmetrischen Machtverhältnisse in Wertschöpfungszusammenhängen, was auf Seiten mittelständischer Unternehmen aber kaum Unbehagen auslöse, da es in der Praxis meist keine Rolle spiele, ob die Cloud-Dienstleistung von einem US-amerikanischen oder deutschen Unternehmen angeboten werde.

Gütesiegel

Die Policy-Option „Gütesiegel" fand in der Gruppe wenig Anklang, wurde dennoch kurz besprochen. Zunächst kreiste die Diskussion um den Begriff des „Ökosystems“, der für einige TeilnehmerInnen eine zentrale Rolle einnimmt: So entstehen Ökosysteme durch Kooperation und (Wissens-)Austausch von Unternehmen und begünstigen dadurch eine Clusterbildung in bestimmten Branchen oder im Umfeld innovativer Unternehmen. Dies werde jedoch hauptsächlich von Branchenkenntnis und Expertise der beteiligten Akteure ermöglicht und nicht per se durch die Identifizierung von Handlungsmöglichkeiten auf Seiten des Staates und der damit verbundenen Option zur Vergabe von Gütesiegeln. Das Feld sei zu heterogen und differenziert, um zu sinnvollen Gütesiegeln gelangen zu können, da man von Anwendungsfall zu Anwendungsfall neu bewerten und konkrete Regelungen treffen müsse. Eine mögliche Selbstverpflichtung der Unternehmen wurde als bessere Option aufgegriffen: Hier können Vorlagen für typische Fälle erdacht werden, in denen auch Machtstrukturen innerhalb der Netzwerke abgebildet werden. Prinzipiell sei es noch nicht der richtige Zeitpunkt, im Hinblick auf Gütesiegel für Plattformen im Mittelstand Standards zu setzen, da das Feld noch nicht weit genug ausgereift sei.

Konsortialpartnerschaften

Als Koordinationselement der Marktwirtschaft spielten Konsortialpartnerschaften in der Auseinandersetzung eine größere Rolle als Gütesiegel. Der Staat könne hier als Netzwerker und Moderator auftreten, der bei Entwicklung, Ausbau und Instandhaltung von Plattforminfrastrukturen eine große Rolle spiele. Standardisierungsmodelle können förderlich sein, um auch auf europäischer Ebene Kooperationen zu ermöglichen. Es wäre jedoch ebenso denkbar, dass sich ein Unternehmen aufgrund innovativer Lösungen durchsetze und so Standards schaffe.

Es wurde kritisch angemerkt, dass die Infrastrukturebene nicht zwingend eine große Rolle spielen müsse und Konsortien nicht auf jeder Stufe nützlich seien. Deshalb müssen an mögliche Konsortiallösungen klare Fragen gerichtet werden: Für wen werden Konsortien gebildet und zu welchem Zweck? Welche Erwartungen werden an sie gestellt? Was müssen Unternehmen in die Konsortien einbringen? Dies sei prinzipiell ein sehr schwieriges Unterfangen, da in sich geschlossene Wettbewerbssysteme betrachtet werden müssen, die nicht zwingend auf andere Branchen oder Bereiche übertragbar seien. Ein allgemeines Ziel soll jedoch sein, durch Konsortien eine Skalierung zu ermöglichen – Plattformen können dabei eine Rolle spielen, aber es müsse berücksichtigt werden, ob man für diesen Zweck mehr Plattformanbieter benötige, deren Nutzenden oftmals Lock-in- oder Lock-out-Effekten ausgesetzt seien.

Abschließende Diskussion: Handlungsbedarf besteht, wenngleich nicht unmittelbar Wertschöpfung kreiert wird

Von allen DiskussionsteilnehmerInnen wurde Handlungsbedarf festgestellt. Der Wettbewerb der Zukunft liege im Zusammenführen der physischen mit der digitalen Welt und es brauche Lösungen, die dies ermöglichen. Zwar entstehe dabei nicht immer zusätzliche Wertschöpfung, aber Wertschöpfungsanteile verschieben sich. Wichtig sei deshalb ein grundlegendes Verständnis der Wertschöpfungsarchitekturen in digitalen Geschäftsmodellen sowie die Identifizierung bzw. Verortung von sogenannten „Kontrollpunkten", um Effekten der Marktmacht angemessen zu begegnen und ggfs. den Verkauf und die damit verbundene Abwanderung guter, innovativer Lösungen zu unterbinden. Aus Zeitgründen konnten die Probleme von M&A/Mergers & Acquisitions nicht näher beleuchtet werden.

Zur Sprache kamen ebenfalls die Wettbewerbernationen China und USA: So sei es z.B. einem großen deutschen Automobilunternehmen nur möglich gewesen, in den USA eine Joint Research Initiative eintragen zu lassen. Dies sei in Deutschland mit hohen rechtlichen Hürden verbunden gewesen, da ein einheitlicher, gesetzlicher Rahmen fehle, der Kooperationen auch über Landesgrenzen hinweg fördere.

Abschließend wurde festgehalten, dass es prinzipiell mit Schwierigkeiten verbunden sei, Menschen und Unternehmen zur Kooperation zu bewegen, wenn diese sich nicht von selbst entwickeln und der Staat hier zwar unterstützend, aber nicht bestimmend auftreten könne.

Diskussion 3 – Regionale Förderung und Technisches Talent

Die Diskussion um regionale Förderung und technisches Talent konzentrierte sich auf die bisherigen Probleme und Herausforderungen in ländlichen Regionen. Ebenfalls besprochen wurden Voraussetzungen von Förderprogrammen sowie Umsetzungsmöglichkeiten in Form von konkreten Instrumenten.

Bei regionaler Förderung, als auch bei der Förderung technischen Talents, stehen der Nachteil ländlicher Regionen sowie die Ausgangslage der neuen Bundesländer der starken Position von Großstädten gegenüber.

Technisches Talent

Die Diskussion über technisches Talent wurde von folgenden Fragen geleitet: Welche Probleme sind damit verbunden? Welche Rolle spielen regionale Unterschiede?

Hier betonte die Gruppe, dass gerade die neuen Bundesländern Probleme haben, passendes Tech-Talent für ihre Unternehmen zu finden. Dies hinge insbesondere mit der Dominanz der New-Work-Konzentration in urbanen Regionen zusammen – so habe sich z.B. Berlin in den vergangenen Jahren zum Startup-Hotspot Deutschlands entwickelt.

Zwar seien Förderprogramme in den neuen Bundesländern bereits vorhanden, meist jedoch mit zwei Problemen verbunden: erstens dringen diese Programme oftmals nicht bis zu den KMU vor, sodass diese von deren Existenz nichts wüssten und weiterhin mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen haben. Zweitens seien die Förderprogramme nicht der Ausgangslage von ländlichen Regionen angepasst: In ländlichen Regionen gäbe es meist kein Cluster, weshalb die Einführung neuer Förderungsprogramme mit dem Aufbau eines Netzwerkes begleitet werden müsse.

Von den DiskussionsteilnehmerInnen wurde auch die Attraktivität von Unternehmen als eine Lösung für den Fachkräftemangel – insbesondere für kleinere Unternehmen – angesprochen. Die Gestaltung gemeinsamer Co-Working-Spaces mit Startup-Atmosphäre in (Nachbar-)Städten könne die Attraktivität der Unternehmen gegenüber jungen Talenten steigern und ein Netzwerk verschiedener kleinerer Unternehmen entstehen lassen. Solche Innovationsimpulse könnten langfristig die Abwanderung junger Talente in urbane Gegenden hemmen.

Wie die Landschaftsanalyse bereits gezeigt hat, bauen selbst große etablierte Unternehmen oftmals ihre Plattformen nicht am Standort des Hauptquartiers auf, sondern verlegen diese in die Innenstädte und/oder in Gebäude mit Startup-Charakter (z.B. Klöckner & Co SE mit der Plattform XOM Materials).

Aufbau regionaler Ökosysteme

Die Diskussion um den Aufbau regionaler Ökosysteme war von folgenden Fragen geprägt: Was sind gegenwärtige Probleme und Hindernisse? Welche Voraussetzungen gelten für den Aufbau regionaler Ökosysteme? Welche zielgerichteten Instrumente können zu nachhaltiger Förderung führen?

Im Kontext der gegenwärtigen Probleme beim Aufbau von Ökosystemen wurde der Aspekt fehlender Cluster (Netzwerke) von den TeilnehmerInnen noch einmal aufgegriffen: Ohne bereits vorhandene Cluster sei es schwer, eine regionale Förderung zu erhalten, was sich vor allem auf das bereits angesprochene Fehlen von tiefgreifenden Netzwerken zurückführen lasse. Ebenso schließe sich daran an, dass Plattformen oft regional repliziert werden müssten. Eine Replizierung ergebe zwar auf regionaler Ebene Sinn, dennoch schließe es an die Schwierigkeit an, ein passendes Betreibermodell zu finden. Auch würden bereits etablierte Plattformen in ländlichen Regionen nicht zur Verfügung stehen, z.B. aus den Bereichen Nahversorgung und Mobilität. Dieser Aspekt wurde von der Gruppe um ein Prinzipal-Akteur-Problem in ländlichen Regionen erweitert: Oft würden sich einzelne Akteure für den Aufbau einer Plattform nicht verantwortlich fühlen oder können ihr Vorhaben aufgrund fehlender Netzwerke nicht umsetzen. Aber auch hohe Kosten, die mit dem Aufbau von spezifischen und regionalen Plattformen verbunden sind, stellen ein Hemmnis dar. Innerhalb bereits bestehender staatlicher Förderprogramme, die über zwei bis drei Jahre laufen, würden sich zusätzlich Probleme wegen zu hoher Anschubkosten ergeben. Diese Phasen sollten vorrangig für Netzwerkarbeit genutzt werden, da das Überleben eines Plattformkonzepts in dieser Phase noch nicht gewährleistet werden könne.

Ein weiteres Problem, dass von den TeilnehmerInnen thematisiert wurde: Bereits etablierte Akteure betreiben den Aufbau von Plattformen oft mit einem starken Verkaufsdrang, wodurch sich der Erfolg und die Marktmacht auf bereits erfolgreiche Tech-Firmen konzentriere. Daraus resultiere, dass bereits vorhandene Plattform-Hubs oder -Labs, unterstützt durch etablierte Firmen (wie z.B. SAP oder T-Systems), nicht mit anderen Projekten ineinander greifen würden, was dazu führe, dass selbstständig eigene Hubs aufgebaut werden (z.B. Plattform Innovation HUB Dresden). Abseits von verkaufsorientierten Förderungsprogrammen sei es schneller und günstiger nachhaltige Plattformprojekte aufzubauen.

Abschließende Diskussion: Was sind Voraussetzungen für den Aufbau regionaler Ökosysteme? Welche konkrete Instrumente eignen sich?

Die DiskussionsteilnehmerInnen argumentierten, dass allem voran zukünftige Förderprogramme an die regionalen Gegebenheiten angepasst werden sollen. Die Ausgangslage in ländlichen Regionen könne nicht mit der in Großstädten verglichen werden. Diese konkreten Programme sollen lokale Gegebenheiten berücksichtigen und Kompetenzen, z.B. im Hinblick auf einen möglichen Plattformaufbau, fördern. Es gehe darum – gerade auch in den Führungsebenen der KMU – Wissen über Plattformtechnologien zu vermitteln. Ebenso müsse die lokale Netzwerkarbeit gefördert werden, sodass nicht jedes Plattformmodell regional neu aufgebaut werden müsste und bereits umgesetzte Plattformen nachhaltig erhalten bleiben.

Als konkretes Instrument sollen öffentlich-private Partnerschaften aufgebaut werden, bei denen ein Treiber mit unternehmerischer Motivation vorhanden ist. Ebenfalls sollte der Plattformbetreiber von Anfang an transparent sein und bleiben und somit den Standort der Software nachvollziehbar machen. Dieser Treiber solle nicht nur den bloßen Verkauf von technologischen Lösungen im Sinn haben, sondern mit konkreten Ideen und Wissen eine Plattformförderung leiten. Als Beispiel solcher Partnerschaften können genossenschaftliche Plattformen genannt werden, wie z.B. der Online-Handel Dregeno aus Sachsen. Ergänzend wurde von der Gruppe betont, dass die Förderung von Meta-Plattformen (eine Plattform, die mehrere Plattformen einschließt, im Gegensatz zu vielen speziellen Plattformen) als wenig gewinnbringend für regionale Ökosysteme eingeschätzt werde, weshalb dieses Konzept von der Politik nicht als Förderprogramm priorisiert werden soll.

Herausgeber und AutorInnen

Diese Studie präsentiert die Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt „DaPla“ (Datenkooperations-Plattformen für den Mittelstand), durchgeführt durch das Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG). Die Studie wurde durch das Bundesministerium der Finanzen beauftragt.

AutorInnen
Dr. Nicolas Friederici (HIIG), Tina Krell (HIIG), Philip Meier (HIIG), Dr. Fabian Braesemann (Saïd Business School) & Dr. Fabian Stephany (OII)

Danksagung
Die AutorInnen danken Dr. Ali Aslan Gümüsay, Lena Starke, Nastasja Krohe, Nils Hungerland und Paul Rehfeld für ihre wertvollen Beiträge und tatkräftige Unterstützung.

Über das HIIG

Dieses Forschungsprojekt ist der Forschungsgruppe Innovation, Entrepreneurship & Gesellschaft am Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft zugeordnet. Das Ziel der Forschungsgruppe ist es, Innovation und Unternehmergeist in einer sich schnell verändernden, global vernetzten digitalen Wirtschaft und Gesellschaft zu verstehen, zu informieren und mitzugestalten. Die aktuelle Forschung fokussiert sich auf vier Bereiche: Digitale Technologien und Wertschöpfung; Kollaboration und Offenheit; Plattformen und Ökosysteme; Digitale soziale Innovation und Unternehmertum.

Das Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) erforscht die dynamische Beziehung zwischen Internet und Gesellschaft. Als erstes Institut in Deutschland mit diesem Fokus hat das HIIG ein Verständnis erarbeitet, das die Einbettung digitaler Innovationen in gesellschaftliche Prozesse betont. Eine zunehmende Bedeutung gewinnt die Herausbildung digitaler Infrastrukturen und ihre Verflechtung mit verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens. Ziel ist es, das Zusammenspiel zwischen soziokulturellen, rechtlichen, ökonomischen und technischen Normen im Digitalisierungsprozess zu verstehen. Ausgehend von der Bearbeitung grundlegender Forschungsfragen werden neue Erkenntnisse gewonnen, die zur Diskussion über die Herausforderungen der Digitalisierung beitragen. Dabei versteht sich das HIIG als Plattform für Forschende im Bereich Internet und Gesellschaft. Es fördert auch die kooperative Entwicklung von Projekten, Anwendungen und Forschungsnetzwerken auf nationaler und internationaler Ebene. Das HIIG ist Projektpartner des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Berlin ‚Gemeinsam Digital‘, ein Projekt im BMWi-Förderschwerpunkt ‚Mittelstand Digital‘, und setzt sich bereits seit mehreren Jahren mit den Herausforderungen der Digitalisierung für KMU auseinander.

Die AutorInnen

Dr. Nicolas Friederici

Alexander von Humbold Institut für Internet und Gesellschaft

Nicolas Friederici ist Projektleiter innerhalb der Forschungsgruppe Innovation, Entrepreneurship & Gesellschaft am Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG). Neben dem Projekt „Datenkooperations-Plattformen für den Mittelstand“ leitet er das Projekt „Platform Alternatives“ und die „Task Force Europäische Plattformökonomie“. Nicolas Friederici ist außerdem assoziierter Forscher am Oxford Internet Institute (OII)

Tina Krell

Alexander von Humbold Institut für Internet und Gesellschaft

Tina Krell ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe Innovation, Entrepreneurship & Gesellschaft am Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG). Als Forscherin ist sie neben dem Projekt „Datenkooperations-Plattformen für den Mittelstand" im Projekt „Platform Alternatives" zur Plattformisierung in Europa tätig und koordiniert die „Task Force Europäische Plattformökonomie“

Philip Meier

Alexander von Humbold Institut für Internet und Gesellschaft

Philip Meier ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsgruppe Innovation, Entrepreneurship & Gesellschaft am Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) und Doktorand am Institute for Electronic Business an der Universität der Künste Berlin. Er ist neben dem Engagement im Projekt „Datenkooperations-Plattformen für den Mittelstand“ als KI-Trainer im BMWi-geförderten Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum Berlin tätig.

Dr. Fabian Braesemann

Saïd Business School, University of Oxford

Fabian Braesemann arbeitet als Datenwissenschaftler in der Future of Real Estate Initiative an der Saïd Business School der Universität Oxford und ist assoziierter Forscher am Oxford Internet Institute (OII). Außerdem ist Fabien Braesemann Gastforscher am Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG).

Dr. Fabian Stephany

Oxford Internet Institute (OII)

Fabian Stephany ist Forscher am Oxford Internet Institute (OII) und untersucht dort unter anderem die globalen Dynamiken von Online-Arbeitsmärkten innerhalb des iLabour Projektes. Fabian Stephany ist außerdem assoziierter Forscher am Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft in der Forschungsgruppe Innovation, Entrepreneurship & Gesellschaft.

Design and Implementation by Larissa Wunderlich and Marcel Hebing
via the publication framework graphite.